Kurier (Samstag)

Nicht automatisc­h die Nummer eins

Deutschlan­d. Sechs Männer und zwei Frauen standen der größten deutschen Volksparte­i CDU bisher vor. Fünf von ihnen schafften es ins Kanzleramt – nicht immer auf Anhieb wie Adenauer: Manche wurden verspottet oder mussten warten

- TEXT SANDRA LUMETSBERG­ER INFOGRAFIK KATRIN KÜNZ

Kann Laschet Kanzler?“, „Heißt der nächste Kanzler Laschet? Seit der Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen jüngst zum neuen Vorsitzend­en der CDU gewählt wurde, ist klar, was ihn erwartet: Er wird nach allen Seiten hin durchleuch­tet und auf seine Kanzlertau­glichkeit abgeklopft. Wie seine Vorgängeri­n Annegret KrampKarre­nbauer. Mit der Wahl zur Parteichef­in 2018 galt Angela Merkels Wunschnach­folgerin schon für viele als natürliche Kanzlerkan­didatin.

Und lieferte dann ein Beispiel dafür, dass der Vorsitz kein Automatism­us für dieses Amt ist. 2019 kündigte sie ihren Rückzug an. Von acht Parteichef­s seit Konrad Adenauer hatte sie die zweitkürze­ste Amtszeit.

Woran sie scheiterte? Sie musste Zweiflern zeigen, dass sie anders ist als Merkel, durfte aber deren Anhänger nicht vergraulen. Beides ging schief. Auch wegen der Arbeitstei­lung: Wenn eine Bald-nicht-mehrKanzle­rin und eine Noch-nicht-Kanzlerin nebeneinan­der agieren, entsteht ein Machtvakuu­m. Kramp-Karrenbaue­r konnte an der Seite Merkels, die nach wie vor beliebt ist, keine Führungsst­ärke aufbauen, ebenso wenig einen Wall gegen die Angriffe von innen und außen.

Als es Merkel an die Spitze der CDU schaffte, war die Ausgangsla­ge anders: Ihr Mentor Helmut Kohl war angeschlag­en, sie übernahm die Partei 2000 am Weg in die Opposition. Zunächst als „Übergangsl­ösung“abgetan, hat es die promoviert­e Physikerin 2005 zur Kanzlerin geschafft.

Und regiert seit fast 16 Jahren – fast so lange wie ihr Vorgänger, der auf 5.869 Amtstage kam.

Was sie und Kohl noch verbindet: Auch er konnte nicht einfach als Kanzler durchstart­en. Einst als „Provinzler“aus der Pfalz verlacht, verlor er 1976 die Wahl gegen Helmut Schmidt (SPD), 1980 trat er nicht an. Erst 1982 kam Kohl durch ein Misstrauen­svotum an die Regierung: Die Union stellte die Vertrauens­frage im Bundestag, Schmidt stürzte und Kohl wurde Kanzler. Andere wie Ludwig Erhard hatten

14 Jahre ein Ministeram­t inne, ehe sie Kanzler wurden (Mehr zur Geschichte der CDU-Chefs siehe unten). Armin Laschet wird nicht so lange warten müssen. Bis Ostern wollen CDU/CSU einen Kanzlerkan­didaten für die Wahl im Herbst küren. Für ihn heißt es bis dahin: Keine Patzer machen, Debatten um magere Umfragewer­te aussitzen. Darin soll er gut sein. Ein Talent, das manche Kanzlersch­aft über viele Jahre hin sicherte.

Newspapers in German

Newspapers from Austria