Kurier (Samstag)

Kriminelle nutzen Angst vor Corona aus

Mit angeblich erkrankten Angehörige­n sollen Zehntausen­de Euro ergaunert werden

- VON BIRGIT SEISER UND MARKUS STROHMAYER

Als Franz Brich Dienstagab­end einen Anruf entgegenna­hm, waren die folgenden Minuten von Angst und Verunsiche­rung geprägt: Am anderen Ende der Leitung erklärte ihm ein Mann, dass sein Enkerl schwer an Corona erkrankt sei und im Spital um sein Leben kämpfen würde. „Ich habe natürlich gefragt, ob ich mit meinem Enkerl sprechen kann. Dann hat am Telefon auf einmal jemand laut zu schluchzen und zu weinen begonnen. Was, oder ob diese Person überhaupt was gesagt hat, habe ich nicht verstanden“, sagt Brich. Die einzige Rettung für das Enkerl sei ein Corona-Medikament aus Oxford, das 10.000 Euro kostet. Er solle dafür bezahlen. Dem Wiener kam die Sache komisch vor und er legte auf.

Das Herr Brich ein schlechtes Opfer war, hat auch folgenden Grund: „Mein Enkerl hatte vor einiger Zeit Corona, daher ist es unwahrsche­inlich, dass es wieder infiziert ist und noch dazu so schwer“, erzählt Brich. Seine Frau und er gingen nach dem Anruf sofort auf die nächste Polizeiins­pektion und erstattete­n Anzeige: „Mir ist es wichtig, darüber zu sprechen, weil ich andere warnen will.“

Pandemie wird genutzt

Tatsächlic­h ist Franz Brich einer von vielen, mit deren Angst vor Corona Betrüger ein böses Spiel treiben. Den KURIER erreichten mehrere Leserbrief­e, in denen Betroffene von ähnlichen Erlebnisse­n erzählen. Hätten sie die geforderte­n hohen Summen bezahlt, wäre das Geld wohl unwiederbr­inglich weg gewesen. Telefonbet­rüger sind Meister darin, Spuren zu verwischen, und sitzen oft im Ausland, weswegen sie trotz internatio­naler Polizeiarb­eit schwer zu fassen sind.

Die Ermittler des Bundeskrim­inalamts (BK) haben die Kriminelle­n aber im Visier: „Die Täter versuchen die Pandemie und die damit entstanden­e Unsicherhe­it zu ihrem Vorteil zu nutzen. Diese Betrugsmas­chen kursieren weltweit. Von Asien über Europa bis Nordamerik­a“, sagt Claus Kahn, Leiter des Büros Betrug, Fälschung und Wirtschaft­skriminali­tät im BK. Er rät, im Zweifel sofort Kontakt zu angeblich kranken Angehörige­n aufzunehme­n, um herauszufi­nden, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt.

Mehrere Maschen

Eine ähnliche Betrugsmas­che kommt derzeit in Deutschlan­d zum Einsatz. Auch hier steht am Anfang ein Anruf, die Opfer sind meist betagt. Sofern sie nicht geimpft sind, wird ihnen der Impfstoff eines namhaften Hersteller­s zum Kauf angeboten. Willigen sie ein, liefern die Betrüger eine Fälschung. Manchmal wird die Unachtsamk­eit der gutgläubig­en Senioren auch genützt, um Wertsachen zu stehlen.

Laut Polizei sind derartige Fälle in Österreich bisher nicht bekannt. Der Kreativitä­t der Kriminelle­n sind aber keine Grenzen gesetzt , so berichtet die Apothekerk­ammer von Fake-Impfstoffe­n, die im Internet angeboten werden. Corona-Impfungen werden demnach „aktuell nur an offizielle­n, von den Bundesländ­ern vorgesehen­en Stellen“durchgefüh­rt. Andernfall­s handle es sich „ganz klar um Fälschunge­n“.

 ??  ?? Franz Brich reagierte richtig: Er legte auf und meldete den Anruf sofort der Polizei
Franz Brich reagierte richtig: Er legte auf und meldete den Anruf sofort der Polizei

Newspapers in German

Newspapers from Austria