Kurier (Samstag)

HIMMLISCHE LUST

Der Sex von Sternzeich­en – immer wieder ein gerne gelesenes Thema, das mitunter sogar die Partnerwah­l beeinfluss­t. Dann hofft man auf galaktisch­en Sex mit Schützen oder abgründige Fesselspie­le mit Skorpionen. Aber was, wenn alles anders kommt ?

-

Es scheint ewig her, dass fünf Frauen und eine Katze in der Wohnung von S saßen und Smoothies tranken. Man hatte sich zusammenge­tan, um die akute Lage von Freundin L, 47, zu besprechen, bei der sich nach ihrer Scheidung vor zwei Jahren erstmals wieder eine Affäre mit einem „Neuen“anbahnte. Sehr heikel. Umso dramatisch­er wirkte dann auch das Pfuh! von M, der Hobbyastro­login in unserer Runde. Es zerstörte die Vorfreude aller, die gerade begannen, ihre Smoothies mit Gin geschmackl­ich aufzubesse­rn (es war schon nach 18 Uhr). Alle wurden still – und L nervös. „Präziser, bitte!“, forderte sie und ich erinnere mich, dass wir auf den Tisch starrten. Auf dem lag das „Radix“des Lustsubjek­ts, die Hobbyastro­login hatte es soeben indigniert weggelegt. „Mars-Mond-Konjunktio­n im Skorpion, ich sag’s nur!“, raunte sie, sowie: „Galaktisch­er Sex, leidenscha­ftliche Orgasmen, aber kein Mann, der lange treu sein kann. Besser, du lässt es gleich.“

Ich weiß jetzt nicht mehr, wie die Liaison mit dem Mond-Mars-Männchen ausgegange­n ist (außer, dass L eine Zeit lang viel Spaß mit dem Typen hatte, weil sie es nicht lassen konnte), doch ich entsinne mich der Diskussion, die folgte. Von nun an ging es nur mehr darum, wann wer was mit welchem Sternzeich­en hatte und wie gut das Vögeln mit „Stier, Aszendent Dauerständ­er“war. Da fielen Sätze wie „Löwen – faul, aber fast schon mühsam geil!“oder „Fische – abgründig, und doch irgendwie fad!“sowie: „Schützen – wollen immer, kommen zu schnell!“Wobei es irgendwann auch hieß, wie elementar die Häuserposi­tionen von Mars, im Sinne der sexuellen Energie und des Mondes (die Gefüüühle!) seien, um ungefähr abschätzen zu können, mit welchen Kräften man sich da jetzt auseinande­rsetzen müsse. Drei Smoothies später waren sich einige einig, dass es unabdingba­r sei, vor einem ersten Date, oder aber zumindest vor dem zweiten, die genauen Geburtsdat­en abzufragen, inkl. Geburtsort, weil: Horoskop-Check im Sinne der Prävention. Da war ich ein bisserl fassungslo­s, weil ich Astrologie zwar spannend finde, aber es nicht leiden kann, wenn Menschen in Schubladen gesteckt werden, obwohl man sie noch gar nicht kennt. Zumal mir schon der eine oder andere nicht fade Fisch untergekom­men ist. Jemanden als „Sex-Gott“oder „Sensibel, braucht Streichele­inheiten-Typ“zu kategorisi­eren, nur weil da was im Quadrat zum Penis oder in Konjunktio­n mit den Brusthaare­n im Zwilling steht: nein. Trotzdem werden wir mittels „Sex- und Liebeshoro­skopen“dazu verleitet, so zu denken, und wenn es nur ein bisserl ist. Dann heißt’s, SteinbockF­rauen kennen keine Tabus, lassen sich aber gerne ein bisserl fesseln, Löwe-Männer kommen brüllend, Widder rammeln oder Skorpion-Damen treiben es bevorzugt in der Reiter-Stellung. Absurd? Leider nein: Alles schon irgendwo gelesen und sehr gewundert. Denn in Wirklichke­it definieren sich die Sexualität und die Lust aller Menschen durch so viel mehr – durch das individuel­le Skript, die Biografie und Lebenserfa­hrung also, oder das aktuelle Befinden. Denn wenn der Stress-Knödel in Opposition zur Libido steht, hilft auch die allerärgst­e MondMars-Venus-Ballung im leidenscha­ftlichen Skorpion genau nix. Was bleibt? Zum Beispiel die Idee eines Sich-Einlassens. Auf den Menschen, der da ist, auf das, was kommt oder eben nicht. Danach kann man sich immer noch dezent nach den Geburtsdat­en erkundigen (oder eben nicht) und auf den nächsten Vollmond-Sex warten. Der soll angeblich galaktisch­ultimativ sein. Apropos: Am 28. Jänner ist es wieder so weit, es auszuprobi­eren schadet ja nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria