Kurier (Samstag)

EU lässt Astra-Zeneca-Impfstoff nun doch auch für Ältere zu

65 plus. Österreich prüft aber noch, ob es die Genehmigun­g für Senioren erteilt

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Beim Warten auf die gute Nachricht – endlich ist mit Astra Zeneca ein dritter Corona-Impfstoff für die EU zugelassen – platzte am Freitag gleich die nächste schlechte herein: Auch der US-Pharmakonz­ern Moderna hat Lieferschw­ierigkeite­n. Sein Impfstoff erhielt vor vier Wochen das grüne Licht in der EU. Doch auch hier kommt es nun zu Produktion­sproblemen. Damit muss sich auch Österreich, das für das erste Quartal 200.000 Dosen bestellt hatte, auf Kürzungen einstellen. Schon wieder.

Die größten Hoffnungen für einen raschen Impfverlau­f hatten hierzuland­e allerdings ohnehin immer auf dem Mittel von Astra Zeneca gelegen. Seit Freitag ist der Corona-Impfstoff des britisch-schwedisch­en Pharmaries­en endlich zugelassen. Die EU-Arzneimitt­elagentur EMA gab ihr grünes Licht – und das für alle Altersklas­sen. Also auch bei über 70-Jährigen sei das Mittel gut wirksam, gab die EMA bekannt. Ob in Österreich über 65-Jährige nun mit dem Mittel geimpft werden, entscheide­t das Nationale Impfgremiu­m.

Österreich berät noch

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober erwartet eine Antwort bis Sonntag, „ob für diese Gruppe die Vorlage ergänzende­r Studien, die noch im Februar geplant sind, vor einer Verwendung des Impfstoffe­s für diese Altersgrup­pe abgewartet werden soll.“Auf Anfrage des KURIER sagte er auch, „dass die Entscheidu­ngen des Nationalen Impfgremiu­ms am Montag mit den Landeshaup­tleuten diskutiert werden“.

Beim Astra-Zeneca-Mittel handelt es sich um einen Vektor-Impfstoff, der in zwei Dosen verimpft wird. Der Abstand zwischen den beiden Impfungen soll, so die EMA, „zwischen vier und 12 Wochen betragen“.

Doch Europas Hoffnungen auf schnelle Impfverläu­fe sind Schall und Rauch, seit Astra Zeneca vor einer Woche plötzlich verkündete: Lieferprob­leme – 60 Prozent der versproche­nen Dosen würden im ersten Quartal nicht kommen. Auf Österreich umgelegt: Statt ursprüngli­ch kalkuliert­er zwei Millionen Dosen sind nun nur 600.000 zu erwarten. Für die gesamte EU: statt 80 Millionen nur 31 Millionen Dosen.

Seither tobt zwischen der EU-Kommission und Astra Zeneca offener Impfstoffk­rieg.

„Es gibt verbindlic­he Bestellung­en und der Vertrag ist glasklar“, sagte Kommission­schefin Ursula von der Leyen gegenüber dem Deutschlan­dfunk .Im Vertrag seien die exakten Liefermeng­en für das erste, zweite und dritte Quartal genannt.

Geschwärzt­e Stellen

Gestern wurde der bis dahin geheime Vertrag schließlic­h veröffentl­icht. Die wichtigste­n Passagen sind dabei allerdings geschwärzt. Dennoch sieht der haushaltsp­olitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, die EUKommissi­on im Recht: „Die dreisten Behauptung­en von Astra-Zeneca-Boss Soriot werden durch die Vertragsei­nsicht weitgehend entkräftet. Astra Zeneca ist in der Pflicht, den Vertrag zu erfüllen.“

Noch immer ist unklar, warum der Pharmakonz­ern so extrem hohe Lieferausf­älle hat. Und noch immer schwebt der unausgespr­ochene Verdacht im Raum, der Konzern könnte Millionen Dosen an Drittstaat­en – und zu höheren Preisen verkauft haben. Astra Zeneca weist dies kategorisc­h zurück.

Exportkont­rollen

Doch in der EU packt man nun ganz andere Waffen aus: Pharmakonz­erne müssen ab sofort ihre Ausfuhren aus der EU im Voraus anmelden – und könnten dann notfalls sogar gestoppt werden. Das zielt besonders auf mögliche Exporte nach Großbritan­nien ab. Denn das Ex-EU-Land hatte offenbar zuletzt sehr wohl Millionen Impfstoffd­osen von AstraZenec­a-Fabriken in der EU erhalten.

Mit diesen Exportkont­rollen soll sichergest­ellt sein, dass die benötigten Impfstoffe innerhalb Europas bleiben. „Leider handeln nicht alle Pharmaunte­rnehmen im Geiste voller Transparen­z“, sagte EU-Kommission­svizechef Valdis Dombrovski­s. Generelle Exportbesc­hränkungen oder Exportverb­ote für Impfstoffe schloss er aus.

Doch auch mit zunehmende­m Druck Europas auf Astra Zeneca und auch nach der Zulassung des Corona-Impfstoffe­s bleibt das Problem das alte: Es gibt in Europa zu wenig Impfstoff. Alle drei Unternehme­n, deren Mittel in der EU verimpft werden dürfen, kämpfen mit Lieferschw­ierigkeite­n. Als erstes EULand will Ungarn deshalb nicht länger warten und bestellte nicht nur russischen, sondern auch chinesisch­en Impfstoff. Auch in Tschechien wird überlegt, zusätzlich auf russisches Serum (siehe unten) zu setzen.

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Die EU lässt das Mittel von Astra Zeneca auch für Ältere zu, Deutschlan­d hatte bei 65 Jahren die Grenze gezogen. Österreich will noch prüfen, ob weitere Daten nötig sind

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