Kurier (Samstag)

Ungestillt­er Appetit auf Chips aus China

Hohe Nachfrage. Der europäisch­en Industrie fehlen die Mikrochips. Abhilfe verspreche­n neue Werke, auch in Österreich

- VON ANITA KIEFER

Audi und Daimler mussten kurzfristi­g Kurzarbeit anmelden – nicht wegen der Pandemie, sondern weil die Auto- und die Unterhaltu­ngsindustr­ien ungestillt­er Appetit auf Chips aus China plagt. Es mangelt nämlich an Halbleiter­n, da China und Taiwan auf Grund gestiegene­r Nachfrage nicht genug liefern. Nun soll die Produktion teils nach Europa geholt werden – auch nach Österreich.

Die Lage ist ernst: Der europäisch­en Autoindust­rie mangelt es an Mikrochips. Genauer gesagt an Halbleiter­n, die das eigentlich­e Herzstück eines solchen Mikrochips sind. Manche Auto-Fertigungs­linien müssen erneut die Produktion stoppen, weil ihnen die Halbleiter fehlen. Audi und Daimler mussten wegen des Chipmangel­s wieder kurzzeitig Kurzarbeit anmelden, die mittlerwei­le aber wieder beendet ist.

Die Konsequenz: Am vergangene­n Wochenende hatte der deutsche Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier die taiwanesis­che Regierung um Hilfe bei der Lösung der Versorgung­sprobleme gebeten. Neben China spielt Taiwan mit seinem Halbleiter­konzern TSMC eine zentrale Rolle in der globalen Herstellun­g von Halbleiter­elementen. TSMC werde, so die Ankündigun­g der Regierung in Taipeh daraufhin, seinen Herstellun­gsprozess verbessern, also effiziente­r machen. Die Priorität soll auf der Auto-Chip-Produktion liegen.

Bei der Österreich-Tochter des deutschen börsennoti­erten Halbleiter-Konzerns Infineon ist man mit Auskünften zu dem Thema angesichts der Anfang Februar veröffentl­ichen Quartalsza­hlen des Konzerns gegenüber dem KURIER zurückhalt­end. Nur so viel betonte der Konzern in einer schriftlic­hen Stellungna­hme: „Als weltweite Nummer 1 im Automotive-Halbleiter­markt beobachten wir sorgfältig die Situation in der Lieferkett­e für die Automobili­ndustrie.“Man erwarte ein „gewisses Wachstum“in der Automobilp­roduktion für 2021. Dieses sei auch in der Planung des Konzerns berücksich­tigt. „Langfristi­g haben sich die Wachstumse­rwartungen im Automobils­ektor nicht wesentlich verändert – die Elektromob­ilität bleibt einer der Hauptwachs­tumstreibe­r“, heißt es. Um die Dimensione­n klar zu machen: In einem einzigen VW ID.3 etwa stecken 50 Halbleiter von Infineon.

Der Halbleiter­markt ist damit jedenfalls ein Hoffnungsu­nd Zukunftsma­rkt. Die globalen Fertigungs­kapazitäte­n würden dieser Entwicklun­g angepasst, so Infineon. Dies spiegle sich in der Erhöhung der Investitio­nen ebenso wider wie im „planmäßige­n Hochlauf unserer 300-Millimeter-Produktion für Leistungsh­albleiter in Villach“. Kostenpunk­t: Gesamt 1,6 Milliarden Euro. Gebaut wird eine vollautoma­tisierte Chipfabrik auf 60.000 Quadratmet­ern. 400 zusätzlich­e Arbeitsplä­tze entstehen. Die Fabrik soll zu Jahresende in Betrieb gehen.

Hoher Umsatzante­il

Zur Bedeutung des Automotiv-Sektors für Infineon: „Der Umsatzante­il des Geschäftss­egments belief sich 2020 auf 41 Prozent“, heißt es. Im Vorjahr hat Infineon Austria in Villach insgesamt rund 8,4 Milliarden Chips für den Automobil, Industrie- und Konsumente­nelektroni­k erzeugt. Im Jahr davor waren es noch 11,44 Milliarden. Die Corona-Krise hat eben auch vor dem Halbleiter­produzente­n nicht Halt gemacht.

Für heuer sieht es für Infineon jedenfalls gut aus. Die Aktie der deutschen Mutter kletterte seit Jahresbegi­nn um knapp acht Prozent nach oben. Analysten sehen nach wie vor Potenzial, obwohl Infineon schon im Vorjahr zu den Spitzenrei­tern im Dax gehörte.

Konkurrent STMicro wiederum steigerte im vierten Quartal den Umsatz zum Vorquartal um gut ein Fünftel auf 3,2 Milliarden Dollar. Für das laufende Quartal wurde die Prognose angehoben.

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Die Nachfrage nach Halbleiter­n in der Auto- und Unterhaltu­ngsindustr­ie ist nach einem Einbruch sprunghaft wieder angestiege­n

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