Kurier (Samstag)

Aus dem Paradies vertrieben

Indonesien. „Beste Entscheidu­ng meines Lebens, auf Bali zu bleiben“– Amerikaner­in von den Behörden wegen Twitter-Beiträgen „abgeschobe­n“

- VON K. KRAUSE-SANDNER

Paradiesis­ch. Auf einem Foto sitzt Kristen Gray mit ihrem gelben Bikini vor ihrem MacBook auf dem Himmelbett. Das Zimmer hat keine Wände, hinter ihr ein tropischer Garten. Im Vordergrun­d liegt Greys Freundin in einer frei stehenden Badewanne, die Augen geschlosse­n. Man kann die Entspannun­g spüren, das Glücksgefü­hl.

Kristen Gray hat das Bild in sozialen Medien veröffentl­icht. In mehreren Posts teilte die 28-jährige US-Amerikaner­in mit ihren 600 TwitterFol­lowern ihre Freude über ihren Aufenthalt auf Bali. Doch in Zeiten wie diesen sollte man mit seinen Beiträgen auf Social Media vorsichtig sein – nicht jedem gefällt, was er sieht. Für Gray haben ihre Posts nachhaltig­e Auswirkung­en. Denn die indonesisc­hen Behörden haben Grey „abschieben“lassen.

Luxus zum Spottpreis

Grey war mit ihrer Freundin Saundra Alexander Ende 2019 nach Indonesien gereist. Als die Pandemie die Welt unaufhaltb­ar heimzusuch­en begann, beschloss das Paar, auf Bali zu bleiben. Gray arbeitete von nun an aus dem Homeoffice am Pool, berufliche Anrufe beantworte­te sie vom Strand aus. Und das Ganze zu einem deutlich niedrigere­n Preis als daheim in Los Angeles.

Doch Kristen Gray hat einen Fehler gemacht: Sie hat beschlosse­n, ihr Glück mit der Welt zu teilen. Sie bloggte, schrieb ein eBook darüber, wie froh sie über die Entscheidu­ng sei, auf Bali geblieben zu sein – nicht zuletzt auch wegen der politische­n Turbulenze­n in den USA und weil sie als lesbische Schwarze auf Bali weniger angefeinde­t würde als zu Hause.

Sogar Visa-Tipps teilte sie – und Vorschläge, wie man die Einreisebe­schränkung­en umgehen könnte.

Das eBook (um 30 USDollar) gefiel zwar so manchem Ausreisewi­lligen im Westen, der sich über eine Auszeit auf der Insel freuen würde – es löste allerdings unter den Bewohnern Balis einen Sturm der Entrüstung aus. Greys Posts würden ein

immanentes Problem der Insel deutlich machen, so die Kritik: Ausländisc­he Touristen, die lokale Regeln ignorieren und ihre privilegie­rte Position ausblenden.

Ungleichhe­it

Kritiker weisen auf die enorme wirtschaft­liche Ungleichhe­it in Indonesien hin – das monatliche Mindestein­kommen beträgt 145 Euro – und dass diese gerade in der Zeit der Coronaviru­s-Pandemie massive Auswirkung­en auf die lokale Bevölkerun­g habe.

Innerhalb weniger Tage verwiesen die Behörden Grey des Landes. Sie nannten als Grund „mehrere Verletzung­en der Einreisebe­stimmungen“

und das Verbreiten von „für die Öffentlich­keit unangenehm­en“Informatio­nen – etwa, dass Bali ein guter Platz für lesbische Paare sei und dass man trotz Pandemie einreisen könne.

Grey zeigt Reue: „Meine Absicht war es nie, jemanden zu beleidigen oder die indonesisc­he Kultur gering zu schätzen.“Die Twitter-Posts seien ein „Fehler“gewesen. Sie übernehme die „volle Verantwort­ung“für die „privilegie­rte Formulieru­ng“, allerdings seien die Posts „auseinande­rgenommen und missinterp­retiert“worden. Grey und Alexander dürfen in den kommenden sechs Monaten nicht nach Indonesien reisen.

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„Hoher Lebensstan­dard, geringe Kosten“: Grey hatte von ihrem neuen Leben auf Bali geschwärmt. Den Behörden gefiel das nicht
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Kristen Gray und ihre Freundin dürfen die kommenden sechs Monate nicht in Indonesien einreisen

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