Wo geht’s hier zur Impfung?
Nationaler Plan. Die Liefer-Engpässe der Hersteller stellen die Politik vor eine schwierige Situation. An der grundsätzlichen Planung hält man aber fest – inklusive einer Absage an große zentrale Impfzentren
Wann werde ich geimpft? Es sind diese vier Worte, die in Österreich und auf der ganzen Welt die Menschen umtreiben, beschäftigen.
Mit Stand Freitag waren nicht einmal zwei Prozent der österreichischen Bevölkerung teil-immunisiert, sprich: Sie haben zumindest die erste der beiden Impf-Dosen erhalten.
Wann wer wie wo geimpft wird, das müsste viele Wochen nach der Zulassung des ersten Impfstoffes von Pfizer/Biontech durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA doch einfach zu beantworten sein; zumal seit Wochen über einen nationalen Impfplan gesprochen wird.
Tatsächlich ist die Sache mit dem Impfplan um ein Vielfaches komplexer. Und dass Impfwillige bei einem Anruf bei der Hotline (0800 555 621) noch vergleichsweise allgemeine Antworten bekommen, liegt vor allem daran, dass die Politik sehr abhängig ist von den Herstellern der Impfstoffe. Am Freitag hat die EMA erwartungsgemäß einen dritten Impfstoff für die EU und damit Österreich zugelassen
(siehe Seite 3).
Bis Montag soll das Nationale Impfgremium entscheiden, ob die Impfung für alle Altersgruppen oder nur für die unter 65-Jährigen empfohlen wird. Die für die Planung entscheidende Frage „Wann bekommt Österreich wie viele Dosen?“ist damit aber nicht beantwortet.
Fix ist: Im ersten Quartal, also bis Ende März, sollen eine Million Dosen von Biontech und 200.000 von Moderna kommen; wie viele Dosen Astra Zeneca bereitstellen kann, das wird sich erst klären. Zuletzt sprach man davon, dass von den zwei Millionen Dosen nur 600.000 nach Österreich kommen.
Angesichts der unklaren Lage errechnen die Krisenmanager in Kanzleramt und Gesundheitsministerium gerade verschiedene Szenarien. An den grundlegenden Prämissen soll sich aber nichts ändern.
Das bedeutet: Österreich will und wird die verletzlichsten Menschen zuerst impfen. Schon heute,
Samstag, sind die meisten hoch betagten Bewohner von Pflege- und Altenwohnheimen zumindest das erste Mal geimpft worden. Und bis Ende Februar rechnet die Regierung damit, dass de facto alle über 80Jährigen in fixen Einrichtungen geimpft worden sind (und mit ihnen auch die Mitarbeiter der Pflege- und Gesundheitseinrichtungen).
Statistisch gesehen wird derzeit alle zehn Sekunden ein Mensch in einem Altenwohnheim geimpft. Angesichts der Tatsache, dass nahezu die Hälfte aller Todesfälle bei Covid19 in Alten- und Pflegewohnheimen zu beklagen sind, geht man davon aus, dass die Zahl der Todesfälle und schweren Verläufe innerhalb von Wochen deutlich sinkt.
Fest steht weiters, dass es ungeachtet aller Lieferschwierigkeiten keine Sonderbehandlungen oder Umreihung bei der Priorisierung geben soll. Man will weiter strikt nach dem Lebensalter vorgeht.
Das bedeutet in der Praxis: Nach den über 80-Jährigen kommen die über 75-Jährigen dran, dann die über 70-Jährigen und so weiter. Diese Feststellung ist insofern wichtig, als es bis zuletzt Debatten darüber gegeben hat, ob Mitarbeiter von Unternehmen der kritischen Infrastruktur (Elektrizität, Energieversorgung etc.) prioritär geimpft werden sollten; auch die Frage, ob bestimmte Berufsgruppen, Politiker bzw. Mitglieder der Bundesregierung sowie der Landesregierungen bevorzugt geimpft werden müssen, wurde gestellt – und abschlägig beantwortet. Sowohl die kritische Infrastruktur als auch die Politik kommen in der Reihung vergleichsweise spät, nämlich dann, wenn alle über 65-Jährigen geimpft sind.
Wann wird das sein? In der Bundesregierung ging man am Freitag davon aus, dass dies im April oder allenfalls im Mai der Fall ist.
Und noch etwas scheint in Sachen Impfplan sicher: Während andere Länder auf große Impfzentren bauen, soll es in Österreich keine zentralen Impfstraßen geben.
„Es ist entscheidend, dass die Menschen bei der Impfung von Ärzten betreut werden, die sie kennen und denen sie vertrauen“, sagt ein Mitarbeiter eines Krisenstabs. Das sei bei anonymen Impfstraßen nicht so der Fall wie beim Hausarzt.
Dass Österreich angesichts der Lieferschwierigkeiten der Hersteller sofort bilateral mit anderen Ländern oder Impfmittel-Herstellern Verträge abschließt, gilt vorerst als unwahrscheinlich. Beide Regierungsparteien sind der Ansicht, dass die Beschaffung der Impfstoffe im EUVerbund richtig gewesen ist und dass es keine Alleingänge einzelner EU-Staaten geben soll.
Abgesehen davon, dass etwa der russische „Sputnik“-Impfstoff für die EU noch nicht einmal einen Zulassungsantrag gestellt hat, ist man überzeugt, dass sich die aktuell akuten Liefer-Engpässe in einigen Woche erledigen. „Wir gehen davon aus, dass man im Sommer aus vielen, vielleicht sogar einem Dutzend Impfstoffen auswählen kann“, heißt es in der Regierung. Die Frage, ob genug Impfstoff vorhanden sei, werde sich dann kaum noch stellen.