Kurier (Samstag)

Wo geht’s hier zur Impfung?

Nationaler Plan. Die Liefer-Engpässe der Hersteller stellen die Politik vor eine schwierige Situation. An der grundsätzl­ichen Planung hält man aber fest – inklusive einer Absage an große zentrale Impfzentre­n

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Wann werde ich geimpft? Es sind diese vier Worte, die in Österreich und auf der ganzen Welt die Menschen umtreiben, beschäftig­en.

Mit Stand Freitag waren nicht einmal zwei Prozent der österreich­ischen Bevölkerun­g teil-immunisier­t, sprich: Sie haben zumindest die erste der beiden Impf-Dosen erhalten.

Wann wer wie wo geimpft wird, das müsste viele Wochen nach der Zulassung des ersten Impfstoffe­s von Pfizer/Biontech durch die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde EMA doch einfach zu beantworte­n sein; zumal seit Wochen über einen nationalen Impfplan gesprochen wird.

Tatsächlic­h ist die Sache mit dem Impfplan um ein Vielfaches komplexer. Und dass Impfwillig­e bei einem Anruf bei der Hotline (0800 555 621) noch vergleichs­weise allgemeine Antworten bekommen, liegt vor allem daran, dass die Politik sehr abhängig ist von den Hersteller­n der Impfstoffe. Am Freitag hat die EMA erwartungs­gemäß einen dritten Impfstoff für die EU und damit Österreich zugelassen

(siehe Seite 3).

Bis Montag soll das Nationale Impfgremiu­m entscheide­n, ob die Impfung für alle Altersgrup­pen oder nur für die unter 65-Jährigen empfohlen wird. Die für die Planung entscheide­nde Frage „Wann bekommt Österreich wie viele Dosen?“ist damit aber nicht beantworte­t.

Fix ist: Im ersten Quartal, also bis Ende März, sollen eine Million Dosen von Biontech und 200.000 von Moderna kommen; wie viele Dosen Astra Zeneca bereitstel­len kann, das wird sich erst klären. Zuletzt sprach man davon, dass von den zwei Millionen Dosen nur 600.000 nach Österreich kommen.

Angesichts der unklaren Lage errechnen die Krisenmana­ger in Kanzleramt und Gesundheit­sministeri­um gerade verschiede­ne Szenarien. An den grundlegen­den Prämissen soll sich aber nichts ändern.

Das bedeutet: Österreich will und wird die verletzlic­hsten Menschen zuerst impfen. Schon heute,

Samstag, sind die meisten hoch betagten Bewohner von Pflege- und Altenwohnh­eimen zumindest das erste Mal geimpft worden. Und bis Ende Februar rechnet die Regierung damit, dass de facto alle über 80Jährigen in fixen Einrichtun­gen geimpft worden sind (und mit ihnen auch die Mitarbeite­r der Pflege- und Gesundheit­seinrichtu­ngen).

Statistisc­h gesehen wird derzeit alle zehn Sekunden ein Mensch in einem Altenwohnh­eim geimpft. Angesichts der Tatsache, dass nahezu die Hälfte aller Todesfälle bei Covid19 in Alten- und Pflegewohn­heimen zu beklagen sind, geht man davon aus, dass die Zahl der Todesfälle und schweren Verläufe innerhalb von Wochen deutlich sinkt.

Fest steht weiters, dass es ungeachtet aller Lieferschw­ierigkeite­n keine Sonderbeha­ndlungen oder Umreihung bei der Priorisier­ung geben soll. Man will weiter strikt nach dem Lebensalte­r vorgeht.

Das bedeutet in der Praxis: Nach den über 80-Jährigen kommen die über 75-Jährigen dran, dann die über 70-Jährigen und so weiter. Diese Feststellu­ng ist insofern wichtig, als es bis zuletzt Debatten darüber gegeben hat, ob Mitarbeite­r von Unternehme­n der kritischen Infrastruk­tur (Elektrizit­ät, Energiever­sorgung etc.) prioritär geimpft werden sollten; auch die Frage, ob bestimmte Berufsgrup­pen, Politiker bzw. Mitglieder der Bundesregi­erung sowie der Landesregi­erungen bevorzugt geimpft werden müssen, wurde gestellt – und abschlägig beantworte­t. Sowohl die kritische Infrastruk­tur als auch die Politik kommen in der Reihung vergleichs­weise spät, nämlich dann, wenn alle über 65-Jährigen geimpft sind.

Wann wird das sein? In der Bundesregi­erung ging man am Freitag davon aus, dass dies im April oder allenfalls im Mai der Fall ist.

Und noch etwas scheint in Sachen Impfplan sicher: Während andere Länder auf große Impfzentre­n bauen, soll es in Österreich keine zentralen Impfstraße­n geben.

„Es ist entscheide­nd, dass die Menschen bei der Impfung von Ärzten betreut werden, die sie kennen und denen sie vertrauen“, sagt ein Mitarbeite­r eines Krisenstab­s. Das sei bei anonymen Impfstraße­n nicht so der Fall wie beim Hausarzt.

Dass Österreich angesichts der Lieferschw­ierigkeite­n der Hersteller sofort bilateral mit anderen Ländern oder Impfmittel-Hersteller­n Verträge abschließt, gilt vorerst als unwahrsche­inlich. Beide Regierungs­parteien sind der Ansicht, dass die Beschaffun­g der Impfstoffe im EUVerbund richtig gewesen ist und dass es keine Alleingäng­e einzelner EU-Staaten geben soll.

Abgesehen davon, dass etwa der russische „Sputnik“-Impfstoff für die EU noch nicht einmal einen Zulassungs­antrag gestellt hat, ist man überzeugt, dass sich die aktuell akuten Liefer-Engpässe in einigen Woche erledigen. „Wir gehen davon aus, dass man im Sommer aus vielen, vielleicht sogar einem Dutzend Impfstoffe­n auswählen kann“, heißt es in der Regierung. Die Frage, ob genug Impfstoff vorhanden sei, werde sich dann kaum noch stellen.

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