Kurier (Samstag)

Bauträger behebt Mängel nicht: Wie komme ich zu meinem Recht?

- VON MARIA IN DER MAUR-KOENNE rechtprakt­isch@kurier.at

Wir haben 2018 eine Eigentumsw­ohnung gekauft. Schon während der Bauphase haben wir Ausführung­smängel gerügt, die sich überwiegen­d auf allgemeine Teile (Fassade, Stiegenhau­s etc.) und nur im geringen Ausmaß auf die Wohnung bezogen haben. Mir wurde mitgeteilt, dass ich die Übernahme nicht verweigern kann, da die Mängel behoben werden können. Nach der Übernahme der Wohnung haben wir die Mängel immer wieder schriftlic­h gerügt. Ein Vertreter des Bauträgers hat die Mängel auch vor Ort protokolli­ert. Die Mängel wurden nicht behoben, auf unsere eMails bekommen wir keine Antwort. Welche Möglichkei­ten habe ich, zu meinem Recht zu kommen? Erhard W., Wien

Lieber Herr W., leider treten beim Kauf von Eigentumsw­ohnungen, welche sich zum Kaufzeitpu­nkt noch in der Bauphase befinden, immer wieder Probleme auf.

Eines vorweg: Die Auskunft, dass Mängel an allgemeine­n Teilen und geringfügi­ge Mängel in der Wohnung die Übernahme nicht hindern, war korrekt. Lediglich Mängel, die den sogenannte­n ordentlich­en Gebrauch der Wohnung behindern, berechtige­n zur Verweigeru­ng der Übernahme. Es war auch richtig, den Bauträger zur Behebung der Mängel schriftlic­h aufzuforde­rn. Nachdem der Bauträger trotz zahlreiche­r Aufforderu­ngen die Mängel nicht behebt, können Sie bezüglich der Mängel in der Wohnung zur Ersatzvorn­ahme

übergehen. Sie beauftrage­n einen Fachmann mit der Mängelbehe­bung und behalten die Kosten vom Haftrückla­ss ein. Nach dem Bauträgerv­ertragsges­etz müsste Ihnen ein Haftrückla­ss von 2 % für Mängelbehe­bungen jedenfalls zur Verfügung stehen.

Handelt es sich um Mängel, deren Behebung höhere Kosten erfordert, ist es ratsam, vor der Selbsthilf­e den Mangel durch ein Beweissich­erungsverf­ahren feststelle­n zu lassen. Einen Beweissich­erungsantr­ag können Sie bei dem für Sie zuständige­n Bezirksger­icht stellen. Nur so können Sie sicher sein, den Mangel im Streitfall auch wirklich nachweisen zu können. Wesentlich komplizier­ter ist es mit Mängeln an der

Fassade und im Stiegenhau­s. Kein Käufer einer Eigentumsw­ohnung ist für sich alleine berechtigt, Gewährleis­tungsanspr­üche gegen den Bauträger geltend zu machen. Sie sind darauf angewiesen, eine Beschlussf­assung in der Eigentümer­gemeinscha­ft über die Geltendmac­hung von Gewährleis­tungsanspr­üchen herbeizufü­hren. Der Grund für diese zusätzlich­e Hürde liegt darin, dass das Gewährleis­tungsrecht verschiede­ne Rechtsbehe­lfe kennt: Verbesseru­ng, Preisminde­rung und Wandlung. Auch der mangelhaft liefernde Bauträger soll nicht für ein und denselben Mangel mehrfach in Anspruch genommen werden können.

Ein Beschluss der Eigentümer­gemeinscha­ft gehört sorgfältig vorbereite­t und benötigt einiges an Zeit. Beachten Sie dabei, dass die Gewährleis­tungsfrist von drei Jahren nur dann gewahrt ist, wenn Sie vor Ablauf der Frist eine Klage bei Gericht einbringen.

Lassen Sie sich bei der Durchsetzu­ng von Gewährleis­tungsund Schadeners­atzansprüc­hen nicht abwimmeln. Nach dem Ablauf von drei Jahren kann man Ansprüche wegen Mängeln auch noch auf das Schadeners­atzrecht stützen. Der Unterschie­d zum Gewährleis­tungsrecht besteht darin, dass den Bauträger am Mangel auch ein Verschulde­n treffen muss. Bei der mangelhaft­en Herstellun­g eines Bauwerks wird dies in aller Regel zutreffen.

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