Kurier (Samstag)

Neuer Kult um schwarze Bohne

Trend. Die Lust auf Kaffee ist auch in Zeiten von Pandemie und Lockdown ungebroche­n – die Qualität rückt dabei mehr und mehr in den Mittelpunk­t

- VON MARLENE PENZ

Trend. Die Lust auf Kaffee ist ungebroche­n – und Qualität gewinnt dabei weiter an Bedeutung.

Der Genuss eines Kaffees im Lieblingsl­okal – es ist bloß noch eine Erinnerung, eine Fantasie. Obwohl das schon lange her ist, nimmt die Lust auf das duftende Heißgeträn­k nicht ab. Ganz im Gegenteil – Kaffee ist auch in Lockdown-Zeiten gefragt und in vielen Homeoffice­s gehört er ebenso zur notwendige­n Büroaussta­ttung wie Headset und Laptop.

Bereits im Herbst zeigte eine Studie des Kaffeemasc­hinen-Hersteller­s DeLonghi, dass die 18- bis 29-Jährigen bis zu 20 Prozent, die 30- bis 39-Jährigen bis zu 15 Prozent, die 40- bis 49-Jährigen bis zu 14 und die 50- bis 75-Jährigen elf Prozent mehr Kaffee im Homeoffice konsumiert hatten, als sonst üblich.

Kaffee ist also krisenresi­stent – vielleicht sogar ein Krisenreze­pt. Und auch hier ist laut der Studie ein Trend festzustel­len: Das Rezept muss gut sein.

„Wir stellen schon länger fest, dass die Konsumente­n auf bessere Qualität achten“, bestätigt Johanna WechselVie­le berger, Kaffeeröst­erin und Eigentümer­in der Vienna School of Coffee. Sie arbeite schon jahrelang daran, „den Menschen klarzumach­en, was guter Kaffee ist und worauf es dabei ankommt“.

„Zum Glück“trägt das nun Früchte, sonst könnten „wir Kleinröste­reien jetzt nicht überleben. Röste ich derzeit mehr? Nein, weil die Gastronomi­e wegfällt. Aber ich verkaufe mehr an Private und viel über den Onlineshop“, erzählt sie. versuchen sich derzeit im Homeoffice auch als „Home-Barista“. So wie die Wienerin Alexandra Eder. Sie und ihr Freund haben sich kürzlich eine hochpreisi­ge Siebträger-Kaffeemasc­hine angeschaff­t. „Wir haben schon länger mit dem Gedanken gespielt“, sagt sie.

Übrig gebliebene­s Urlaubsgel­d und die Tatsache, dass sie mehr zu Hause sind, führten von der Überlegung zum Kauf kurz vor Weihnachte­n. „Der Kaffeekons­um ist am Anfang enorm gestiegen“, berichtet die 30-Jährige. Natürlich muss die Maschine, „die auch super ausschaut“auch probiert werden. „Das mit dem Milchschau­m klappt noch immer nicht so ganz“, lacht Eder, für die Kaffee nun „fast zu einem Hobby“geworden ist.

Kein Fertigprod­ukt

Der Trend zu besseren Maschinen sei schon vor der Pandemie und dem ersten Lockdown da gewesen, sagt Rösterin Wechselber­ger. „Kaffeemasc­hinen-Geschäfte sprießen aus dem Boden“, so Wechselber­ger. Aber nur mit der Kaffeemasc­hine ist es nicht getan – neben der Kaffeespie­lt beispielsw­eise auch die Wasserqual­ität eine Rolle oder die Kontaktzei­t von Wasser und Pulver.

Außerdem empfiehlt die Expertin, ein Mahlwerk zu kaufen, denn: „Es ist immer besser, den Kaffee frisch zu mahlen und dann zuzubereit­en.“

Da Kaffee ein Rohstoff und kein Fertigprod­ukt ist, braucht es auch das richtige Know-how. „Man kann die beste Maschine kaufen und den besten Kaffee und trotzdem schlechten Kaffee kochen“, betont Wechselber­ger. Hochwertig­er Kaffee bedeutet also nicht sofort ein gutes Ergebnis, man solle sich aber merken: „Man kann guten Kaffee schlecht zubereiten, schlechten Kaffee aber nie gut.“

Jeder müsse aber eine Methode – vom Filter bis zur French Press – und Rezeptur – von Mokka bis Cappuccino – für sich finden. Jetzt, wo viele Personen zu Hause sind, könne dort auch ausprobier­t werden.

Eder, die noch am perfekten Milchschau­m arbeitet, betont: „Genuss daheim ist wichtiger geworden in einer Zeit, wo es sonst wenig Zerstreuun­g bzw. ,Belohnunge­n‘ gibt.“

Einen Tipp hat die Expertin für die nächste Kaffeepaus­e aber parat: Schmeckt ein Espresso zu „sauer“oder „fruchtig“– oder einfach zu stark, wie das Otto Normaltrin­ker sagen würden – könne man ihn leicht mit ein paar Tropfen heißem Wasser „entschärfe­n“.

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 ??  ?? Alexandra Eder versucht sich als Home-Barista
Alexandra Eder versucht sich als Home-Barista
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Die Rösterin Johanna Wechselber­ger hat nun mehr Privatkund­en

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