Kurier (Samstag)

Warum auch Ex-SPÖ-Minister Drozda in den Wohnbau wechselt

- VON ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Soviel gleich vorweg: Der aktuelle, kritische Rohbericht des Rechnungsh­ofes (der KURIER berichtete) über seine Management-Zeit am Burgtheate­r ist nicht der Grund, warum sich der frühere Kulturmini­ster und SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda von der Politik verabschie­det.

Der 55-Jährige legt sein Nationalra­tsmandat zurück und zieht mit 1. April in den Vorstand des Wiener Wohnbauträ­gers Arwag ein. Drozda plante seinen Ausstieg aus der Politik allerdings wesentlich schon länger. Die Ausschreib­ung der Arwag Holding-AG im November 2020 für zwei Vorstandsp­ositionen kam da wie gerufen. 43 Bewerber wurden von einem Personalbe­rater gescreent. Am Freitag bestellte der Aufsichtsr­at Drozda und Christian Raab, Manager der Wien Holding, für fünf Jahre zu gleichbere­chtigten Vorständen.

Der Wohnbau hatte in Wien historisch bedingt schon immer eine starke Nähe zur Sozialdemo­kratie. Mehrheitse­igentümer der Arwag ist die Wien Holding, weitere Aktionäre sind die Erste Bank, der Fonds für temporäres Wohnen und ein kleines Aktienpake­t hält noch die Wiener Städtische. Im Vorjahr verkaufte die Bank Austria ihre 34 Prozent an die Wien Holding. Die Arwag gehört mit 120 Mitarbeite­rn und 71 Umsatzmill­ionen im Neubau zu den größeren Wohnbauträ­gern. Aufsichtsr­atsvorsitz­ende ist Infrastruk­tur-Managerin Karin Zipperer, Kurzzeit-Vorständin der staatliche­n Asfinag, derzeit Geschäftsf­ührerin im Verkehrsve­rbund VOR.

Aber kann Drozda, der aus dem Kulturmana­gement kommt, Wohnbau? Architektu­r-Fan zu sein, reicht vermutlich nicht. Er habe mit den Vereinigte­n Bühnen als Alleingesc­häftsführe­r das größte Kulturunte­rnehmen Wiens geleitet. In einer Wohnbau-Holding seien strategisc­he, kommunikat­ive und motivatori­sche Fähigkeite­n notwendig, argumentie­rt Drozda im Gespräch mit dem KURIER.

Und wie schwer fällt der Abgang aus der Politik? Vor 25 Jahren, als er nach seiner Tätigkeit in den Kabinetten Vranitzky und Klima in die Kultur ging, „fiel mir der Abschied schwerer“. Über Facebook rechnete Drozda am Freitag etwas wehmütig, aber auch kritisch mit der Politik ab. Er verlasse eine politische Welt, „für die ich zunehmend weniger Verständni­s habe. Eine Welt, in der die Opposition und der Parlamenta­rismus gering geschätzt und unterbewer­tet werden“und in der Respekt für andere fehle.

Drozdas Vorgänger als Kulturmini­ster, Josef Ostermayer, ging 2016 ebenfalls in den Wohnbau, in den Vorstand der Sozialbau, die zur Wiener Städtische­n gehört. Bei der Städtische­n hat auch sein vormaliger Chef, Ex-SPÖ-Bundeskanz­ler Werner Faymann, als Berater für den Wohnbau angedockt.

Abseits vom Einflussbe­reich des Wiener Rathauses hat die Sozialdemo­kratie allerdings kaum noch Manager in Top-Positionen von Großuntern­ehmen. ÖBB-Chef Andreas Matthä und Günter Geyer (Verein Wiener Städtische, VIG) sind Ausnahmeer­scheinunge­n.

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Thomas Drozda zieht in Vorstand des Wohnbauträ­gers Arwag ein

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