Warum auch Ex-SPÖ-Minister Drozda in den Wohnbau wechselt
Soviel gleich vorweg: Der aktuelle, kritische Rohbericht des Rechnungshofes (der KURIER berichtete) über seine Management-Zeit am Burgtheater ist nicht der Grund, warum sich der frühere Kulturminister und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda von der Politik verabschiedet.
Der 55-Jährige legt sein Nationalratsmandat zurück und zieht mit 1. April in den Vorstand des Wiener Wohnbauträgers Arwag ein. Drozda plante seinen Ausstieg aus der Politik allerdings wesentlich schon länger. Die Ausschreibung der Arwag Holding-AG im November 2020 für zwei Vorstandspositionen kam da wie gerufen. 43 Bewerber wurden von einem Personalberater gescreent. Am Freitag bestellte der Aufsichtsrat Drozda und Christian Raab, Manager der Wien Holding, für fünf Jahre zu gleichberechtigten Vorständen.
Der Wohnbau hatte in Wien historisch bedingt schon immer eine starke Nähe zur Sozialdemokratie. Mehrheitseigentümer der Arwag ist die Wien Holding, weitere Aktionäre sind die Erste Bank, der Fonds für temporäres Wohnen und ein kleines Aktienpaket hält noch die Wiener Städtische. Im Vorjahr verkaufte die Bank Austria ihre 34 Prozent an die Wien Holding. Die Arwag gehört mit 120 Mitarbeitern und 71 Umsatzmillionen im Neubau zu den größeren Wohnbauträgern. Aufsichtsratsvorsitzende ist Infrastruktur-Managerin Karin Zipperer, Kurzzeit-Vorständin der staatlichen Asfinag, derzeit Geschäftsführerin im Verkehrsverbund VOR.
Aber kann Drozda, der aus dem Kulturmanagement kommt, Wohnbau? Architektur-Fan zu sein, reicht vermutlich nicht. Er habe mit den Vereinigten Bühnen als Alleingeschäftsführer das größte Kulturunternehmen Wiens geleitet. In einer Wohnbau-Holding seien strategische, kommunikative und motivatorische Fähigkeiten notwendig, argumentiert Drozda im Gespräch mit dem KURIER.
Und wie schwer fällt der Abgang aus der Politik? Vor 25 Jahren, als er nach seiner Tätigkeit in den Kabinetten Vranitzky und Klima in die Kultur ging, „fiel mir der Abschied schwerer“. Über Facebook rechnete Drozda am Freitag etwas wehmütig, aber auch kritisch mit der Politik ab. Er verlasse eine politische Welt, „für die ich zunehmend weniger Verständnis habe. Eine Welt, in der die Opposition und der Parlamentarismus gering geschätzt und unterbewertet werden“und in der Respekt für andere fehle.
Drozdas Vorgänger als Kulturminister, Josef Ostermayer, ging 2016 ebenfalls in den Wohnbau, in den Vorstand der Sozialbau, die zur Wiener Städtischen gehört. Bei der Städtischen hat auch sein vormaliger Chef, Ex-SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, als Berater für den Wohnbau angedockt.
Abseits vom Einflussbereich des Wiener Rathauses hat die Sozialdemokratie allerdings kaum noch Manager in Top-Positionen von Großunternehmen. ÖBB-Chef Andreas Matthä und Günter Geyer (Verein Wiener Städtische, VIG) sind Ausnahmeerscheinungen.