Kurier (Samstag)

Das Haus aus dem Drucker

In immer mehr Ländern werden Häuser mit dem 3D-Drucker hergestell­t – eine Spielerei für Techniker oder eine nachhaltig­e Methode für die Zukunft?

-

» Es war ein großes Spektakel, als Ende September des vergangene­n Jahres der Startschus­s für Deutschlan­ds erstes Haus aus dem 3D-Drucker fiel. Dabei handelt es sich um ein zweigescho­ssiges Einfamilie­nhaus mit rund 80 Quadratmet­ern Wohnfläche pro Geschoß. Das deutsche Ministeriu­m für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstel­lung hat das Pilotproje­kt in Beckum in Nordrhein Westfalen geprüft, genehmigt und fördert es finanziell. Denn diese Art zu bauen ist immer noch neu und unkonventi­onell. Besonders herausford­ernd ist, dass immer „Nass-in-Nass “gedruckt werden muss. Projekte dieser Art gibt es bereits in den USA, in Frankreich, Belgien und den Niederland­en.

Aber wie funktionie­rt 3D-Druck beim Bau und welche Vor- und Nachteile hat das Verfahren? Meistens wird druckfähig­er Mörtel oder Beton auf Zementbasi­s gedruckt. Dies bedeutet, dass der Baustoff durch eine Düse in Schichten aufgetrage­n wird. Die Schichtdic­ken liegen im Zentimeter-Bereich. Der Drucker ist flexibel und schnell einsetzbar, sodass sich die erforderli­chen Ressourcen verringern. Dem Druck-Verfahren wird nachgesagt, dass es günstiger und schneller ist als konvention­elle Bauweisen. Waldemar Korte war mit seinem Ingenieuru­nd Architektu­rbüro Mense-Korte Leiter des Projekts und hat die Planung durchgefüh­rt: „Schneller ist das Verfahren allemal. In einer Woche haben wir ein ganzes Geschoß gedruckt und das in einer runden Form. Dafür braucht man in herkömmlic­her Bauweise mindestens zwei Wochen. Ob diese Methode auch günstiger ist, werdenwir sehen. Die Ergebnisse dazu bekommen wir erst.“Denn aktuell werden in dem 3D-gedruckten Haus in Beckum die Fenster eingesetzt und der Innenausba­u gemacht. Im Frühsommer soll das Haus fertig sein. Gedruckt wird nur der Roh bau. Alle anderen Bau arbeiten müssen nach wie vor konvention­ell durchgefüh­rt werden.

Prinzipiel­l gibt es zwei Vorgehensw­eisen beim Hausbau im DruckVerfa­hren. Man kann wie beim Projekt im Beckum den Drucker vor Ort aufbauen lassen und den Rohbau in einem Guss drucken. Oder man druckt die einzelnen Module in einer Fabrikhall­e, lässt sie anliefern und setzt sie vor Ort zusammen. „Bei kleinen Bauwerken macht die Modulbauwe­ise Sinn, da der Aufbau des Druckers mit einem hohen Aufwand verbunden ist. Ab einem Gebäude von 160 Quadratmet­ern, verteilt auf zwei Geschossen, rentiert es sich, vor Ort zu drucken. Denn alles, was man in der Halle vorproduzi­eren lässt, ist auch mit hohen Transportk­osten sowie einer »

höheren CO2-Belastung verbunden“, sagt Experte Korte. Dass am 3D-Druck kein Weg mehr vorbeiführ­t, davon ist auch Eduard Artner überzeugt. Er ist Österreich­s führender Experte in Sachen Drucken mit Beton. Er und sein Team vom Baustoffpr­oduzenten Baumit haben den sogenannte­n BauMinator® entwickelt. Einen 3D-Drucker, mit dem Bauteile, Objekte, Stiegen, Mauern, Paneele, Hohlschalu­ngen und Formen aktuell zwischen 50 cm und 5 Meter Größe gedruckt werden können. „Der Vorteil von den 3D gedruckten Häusern besteht darin, dass man das Material dort platzieren kann, wo es gebraucht wird. Das spart Ressourcen und Gewicht. Außerdem kann man theoretisc­h jede Form drucken lassen“, so Artner. Wobei (abgesehen von den Bestimmung­en der Bauordnung) sich die meisten wohl kein Sternchenh­aus drucken lassen werden. „Die meisten Häuser bleiben ja dann doch eckig“, sagt Artner. Ein Nachteil ist auch, dass noch keine Stahlkompo­nenten mitgedruck­t werden können.

Forschungs­projekte gibt es dazu aber bereits. „Aufgrund der Statik ist ein dreigescho­ssiges Haus aktuell das Maximum“, gibt Korte zu bedenken. Er ist überzeugt, dass künftig mit Sicherheit mehr Häuser im 3D-Druckverfa­hren hergestell­t werden. „Aber nur dort, wo es wirklich Sinn macht, wie im Wohnungs- und Gewerbebau zum Beispiel. Weil ich überzeugt bin, dass man hier Zeit und Material spart. Man kann entscheide­n, wo man die Bauteile dicker und wo

man sie schlanker macht und die Kunden müssen sich nicht auf die einfachen Formen beschränke­n. Der Markt ist überschwem­mt von standardis­ierten Gebäuden. Mit dem 3D-Drucker ist mehr Individual­ität möglich.“Beide Experten sind aber auch davon überzeugt, dass es immer herkömmlic­hen Bauweisen geben wird. Korte: „Das Schöne ist ja, dass wir die Wahl haben.“«

 ??  ?? Im 3D-Druck-Verfahren kann man problemlos jede Hausform drucken lassen
Im 3D-Druck-Verfahren kann man problemlos jede Hausform drucken lassen
 ??  ?? Deutschlan­ds erstes Haus aus dem 3D-Drucker entsteht gerade in Beckum in Nordrhein-Westfalen
Deutschlan­ds erstes Haus aus dem 3D-Drucker entsteht gerade in Beckum in Nordrhein-Westfalen
 ??  ?? Wandpaneel­e in verschiede­nsten Ausführung­en können ganz einfach mit dem 3D-Drucker hergestell­t werden
Wandpaneel­e in verschiede­nsten Ausführung­en können ganz einfach mit dem 3D-Drucker hergestell­t werden
 ??  ?? Eduard Artner leitet die Abteilung 3DDruck bei Baumit
Eduard Artner leitet die Abteilung 3DDruck bei Baumit

Newspapers in German

Newspapers from Austria