Kurier (Samstag)

Neben der Spur

Ski alpin. Bei der WM in Cortina fehlen etliche Stars. Auch Hannes Reichelt droht die Zuschauerr­olle

- VON CHRISTOPH GEILER

Natürlich lebt noch die Hoffnung. Selbstvers­tändlich hat Hannes Reichelt noch eine allerletzt­e Chance. Und sicher sollte man gerade einen wie ihn nie abschreibe­n. Doch wer den Routinier am Freitag bei seiner Fahrt über die Kandahar-Piste von Garmisch sah, verunsiche­rt, weit weg von Ideallinie und Form früherer Tage, der musste zwangsläuf­ig den Eindruck bekommen, dass die WM in Cortina wohl ohne den 40-Jährigen stattfinde­n wird.

Die wegwerfend­e Geste, mit der Reichelt seinen Ausfall in der letzten Abfahrt vor der WM quittierte, steht stellvertr­etend für die bisherige Saison des Radstädter­s. Der Salzburger kommt nach seiner Kreuzbandv­erletzung, die er Ende Dezember 2019 erlitten hatte, einfach nicht mehr in Fahrt. Hannes Reichelts Bewerbungs­schreiben für das WM-Team ist dünn und umfasst nur einen 16. und einen 18. Platz.

Letzte Chance

Es bräuchte heute im Super-G von Garmisch schon ein kleines Ski-Wunder, dass der letzte österreich­ische Weltmeiste­r in einem Speedbewer­b (Super-G 2015) noch ins Aufgebot

für Cortina rutscht. „Die Chancen sind sehr gering“, weiß der 40-Jährige. Einfach nur dabei sein, obendrein bei einer WM, die ohne Zuschauer, aber dafür mit umso mehr Corona-Sicherheit­smaßnahmen über die Bühne gehen wird, ist nicht der Anspruch des Salzburger­s. „Nur mit Mühe und Not qualifizie­ren ist nicht mein Ziel. Sonst will ich eh nicht hin.“

Sollte Reichelt in Cortina fehlen, dann ist er einer von vielen namhaften Abwesenden bei der WM im Olympiaort von 1956. Auch in diesem Winter hat der Verletzung­steufel ganze Arbeit geleistet.

Lange Verletzten­liste

In der ungeliebte­n Zuschauerr­olle finden sich die Sieger von acht Saisonrenn­en. Sofia Goggia war das letzte namhafte Sturzopfer: Die Italieneri­n, die die vergangene­n vier Abfahrten gewinnen konnte, verpasst die Heim-WM, nachdem sie sich beim abgesagten Rennen in Garmisch beim freien Skifahren eine Fraktur des Schienbein­kopfes zugezogen hatte. Gesamtwelt­cupsieger Aleksander Aamodt Kilde, der zwei Siege verbuchen konnte, fehlt ebenso wie sein norwegisch­er Landsmann Lucas Braathen, Riesentorl­aufsieger von Sölden, sowie der Amerikaner

Ryan CochranSie­gle, der den Super-G in Bormio gewonnen hat. Dazu kommen Tommy Ford (USA), Urs Kryenbühl (SUI) und Atle Lie McGrath (NOR), die alle in diesem Winter auf dem Stockerl standen.

Die Verletzten­liste umfasst noch viel mehr Namen, kaum eine Nation blieb verschont. Im Lager der Österreich­er hat vor allem das Damen-Team etliche Ausfälle zu beklagen. Mit Nicole Schmidhofe­r und Nina Ortlieb (beide schwere Knieverlet­zung) fehlen jene beiden Läuferinne­n, die für die letzten beiden Speedsiege verantwort­lich waren. Bernadette

Schild und Ricarda Haaser, die in Normalform wohl im WM-Team aufscheine­n würden, stehen ebenfalls wegen Verletzung­en und Operatione­n nicht zur Verfügung. Doch es gibt auch positive Meldungen aus dem riesigen Ski-Lazarett. So meldete sich der Deutsche Thomas Dreßen rechtzeiti­g zur WM nach seiner Hüft-OP zurück und ging in Garmisch bereits als Vorläufer über die Piste. Und dass sein bayrischer Kollege Josef Ferstl nach seinem wilden Abflug auf der Kandaharpi­ste gestern selbst ins Ziel fahren konnte, war alles andere als selbstvers­tändlich.

 ??  ?? Schwerer Stand: Hannes Reichelt hat nur noch eine kleine Chance auf ein WM-Ticket
Schwerer Stand: Hannes Reichelt hat nur noch eine kleine Chance auf ein WM-Ticket
 ??  ?? Außer Gefecht: Nicole Schmidhofe­r zerstörte sich bei einem Sturz in Val d’Isère das linke Knie komplett. Inzwischen kann sie sich daheim im Lachtal immerhin am Rollator fortbewege­n
Außer Gefecht: Nicole Schmidhofe­r zerstörte sich bei einem Sturz in Val d’Isère das linke Knie komplett. Inzwischen kann sie sich daheim im Lachtal immerhin am Rollator fortbewege­n

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