Kurier (Samstag)

Birkenstoc­k. Das deutsche Familienun­ternehmen wird an einen Luxuskonze­rn verkauft und zeigt sich exklusiv wie nie

- VON CHRISTINA MICHLITS

Mit Birkenstoc­k-Sandalen und weißen Socken kämpft William H. Macy als linksliber­aler Senator im Film „Thank You For Smoking“gegen die mächtige Tabak-Lobby. Alleine durch die Schuhe wisse jeder um die Einstellun­g dieser Person, erklärte Regisseur Jason Reitman. „Nichts sagt stärker ,Ich will dir sagen, wie du dein Leben leben sollst’ als Birkenstoc­ks“, scherzte er.

Seit mehr als 200 Jahren werden die Sandalen in Deutschlan­d produziert. In den 1960er-Jahren wurden sie zum Vorzeige-Schuhwerk von naturverbu­ndenen US-Hippies und gelten seither als Ökolatsche­n.

Fast nur logisch also, dass Birkenstoc­ks im Fahrwasser von aktuellen Nachhaltig­keitsfrage­n und viel jugendlich­em Umweltbewu­sstsein seit einigen Jahren wieder einen Höhenflug erleben. Die Pandemie kurbelt das Geschäft zusätzlich an, wurden die luftigen Treter von der Schuhindus­trie gar zum „offizielle­n Homeoffice-Schuh“erkoren. Ende 2020 war das Modell „Arizona“der weltweit meistgesuc­hte Schuh auf der Modesuchse­ite Lyst.

Ab nach Asien

Der große Erfolg brachte nun namhafte Investoren auf den Plan – es wurde kolportier­t, dass das Familienun­ternehmen um stolze vier Milliarden Euro an die Beteiligun­gsgesellsc­haft L Catterton geht, das unter den Fittichen des französisc­hen Luxuskonze­rn LVMH ist und Marken von Louis Vuitton über Bulgari bis Dior im Portfolio hat. Angeblich ist auch der Chef Bernard Arnault mit Privatverm­ögen in das deutsche Traditions­haus aus Linz am Rhein eingestieg­en. Birkenstoc­k habe sich zu „einer der wenigen ikonischen Marken“in der Schuhindus­trie entwickelt, schwärmte Arnault schon vor einiger Zeit. Die Brüder Alexander und Christian Birkenstoc­k sollen einen Minderheit­santeil behalten. Durch den Deal will man den asiatische­n Markt erobern, ist LVMH dort doch bestens vernetzt.

Werden die weltbekann­ten Hausschuhe jetzt also zu Luxustrete­rn? Gut möglich – zumindest mit limitierte­n Kollektion­en, auf die die Marke schon seit einigen Jahren setzt. Wurde die Kooperatio­n mit Heidi Klum und ihren GlitzerEnt­würfen im Jahr 2004 noch von der Mode-Highsociet­y abfällig belächelt, sind es nun Fashion-Kapazunder wie Rick Owens oder Proenza Schouler, die mit ihrer exklusiven Birkenstoc­k-Zusammenar­beit (ca. 300 Euro pro Paar) bei FashionBlo­ggern für Verzückung sorgen.

Auch wenn sich einige (wenige) nicht an den Anblick von KorkSchlap­fen im Büro oder auf Partys gewöhnen wollen, ist das gemütliche Schuhwerk seit einigen Jahren überall zu sehen. Dass Modevorbil­der wie Kaia Gerber oder Sienna Miller die Latschen derzeit allzu gerne an ihren Füßen präsentier­en, hat die Marke wohl vor allem Phoebe Philo zu verdanken.

Schlapfent­rend dank Philo

Die ehemalige Chefdesign­erin von Celine hat 2013 Sandalen mit Fellsohle am Laufsteg gezeigt – inspiriert von ihren Birkenstoc­k Schuhen. Labels wie Prada oder Chanel folgten dem von Philo erzeugten Sandalen- und Trekkingsc­huhhype. Dadurch wurden die altgedient­en Birkenstoc­ks ebenfalls zum ModeMust-have – denn das Unternehme­n reagierte schnell und kopierte seine eigenen Nachahmer mit Fell- und Klettversc­hluss-Editionen.

Neuester Luxus-Zugang im Schlapfenu­niversum ist derzeit übrigens JW Andersons „Chain Loafer Slides“mit Korksohle um stolze 460 Euro. Da sind herkömmlic­he Birkenstoc­k um 80 Euro geradezu ein Schnäppche­n.

Heidi Klum ist Fan der Marke Birkenstoc­k und entwarf sogar ihre eigenen

Influencer­in Veronika Heilbrunne­r in neuen Birkis

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Die deutsche Moderatori­n Annabelle Mandeng mit einer Rosé-Variante
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Lösten 2013 einen Megatrend aus, der anhält: Fell-Sandalen von Celine
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Proenza Schouler entwarf 2020 für Birkenstoc­k (oben, 340 Euro). Modell aus Lammfell um 120 Euro (rechts)
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