Bewundert und belächelt
Bayern vs. Preußen. Die CSU, Regionalpartei aus Deutschlands Süden, könnte den Kanzlerkandidaten stellen – für den Regierungschef hat es bisher nie gereicht. Das liegt nicht nur am tief verwurzelten Nord-Süd-Konflikt
FünfMonatev order Bundestagswahl findet in den Regierungs parteien CDU/ CSU ein Machtkampf statt, wie es ihn schon lange nicht mehr gab: Armin Laschet, CDU-Chef, will für die Union (die Gemeinschaft von CDU und CSU) in den Wahlkampf ziehen. Genauso wie Markus Söder, Chef der kleinen Schwesterpartei CSU und bayerischer Ministerpräsident. Sein Argument: Er hat bessere Umfrage werte. Aber ob sich die auch in echte Stimmen umwandeln lassen?
Zwei Mal kandidierte ein CSU-Mann, um Deutschland zu regieren. 1979 erzwang die Partei inder Bundestagsfraktion eine Abstimmungüb erden Kanzlerkandi daten–ähnliches schwebt ihr auch jetzt vor. Vor 42 Jahren hat CSU-Chef Franz Josef Strauß das Votum (gegen Ernst Albrecht, nicht CDU-Chef Helmut Kohl) zwar gewonnen, aber die Wahl für die Union gegen Helmut Schmidt verloren. Ebenso Edmund Stoiber, der 2002 antrat, gegen Gerhard Schröder. Was zur Frage führt: Ist ein CSU-Mann im Norden nicht zu vermitteln? Liegt’s am berüchtigten Weißwurstäquator?
Anruf bei Historikerin Marita Krauss, die an der Universität Augsburg forscht – Spezialistin für bayerische Besonderheiten. Wie zum Beispiel Franz Josef Strauß. Laut Krauss „ein Europäer, Schlitzohr und herausragender Politiker, der aber heute nicht mehr denkbar wäre. Er war der Typus des Wirtsund Metzgersohnes und repräsentierte wie kein anderer den polternden Bayern, was in Restdeutschland schwer zu vermitteln war“.
Stoiber hatte bessere Chancen – „blond, schlank und ein Aktenfresser“. Ein durchsetzungsfähiger Beamtentyp, der für wirtschaftstreibende Nordlichter vorstellbar war, erinnert sich Krauss. Doch als im Wahlkampf die Elbe über die Ufer trat und Amtsinhaber Gerhard Schröder (SPD) die Gummistiefel anzog, wurde er als Krisenmanager nach oben gespült. Der Beamte konnte da nicht mithalten.
Beamtentum und Bruderkrieg
„Die bayerischen Beamten hatten im 19. und 20. Jahrhundert im ganzen Land einen guten Ruf“, sagt Krauss. Überhaupt galten sie als Modernisierer, die sich einer liberalen Verfassung und korrekter Amtsführung verpflichtet fühlten. In Preußen hingegen galten zivile Beamte weniger als Militärs.
Bayerische Könige widmeten sich dem Bauen und vernachlässigten Militärisches. Sie hatten „dem hochgerüsteten Preußen nichts entgegenzusetzen“, als es 1866 zum Krieg kam. Den „Bruderkrieg“verloren Bayern und Österreich gegen Preußen. Er sprengte den Deutschen Bund, die österreichischen Partner waren weg, und Bayern wurde Beute: „Es gab noch einen König und Reservatrechte, aber Preußen dominierte das Deutsche Kaiserreich.“
Das schürte Ressentiments. „Bayern galten als hinterwäldlerische Abergläubige, die nicht national genug denken, sondern dem Papst gehorchen.“Daraus entwickelte sich ein tiefer Groll gegen jene, die mit Ministerpräsident Otto von Bismarck einen „Kulturkampf“gegen den Katholizismus führten. Neben dem Vorführen von Unterlegenheit und den gegensätzlichen Konfessionen spielte die Sprache hinein. „Die Vorstellung, dass jemand mit Dialekt einem anderen Kulturkreis angehört, besteht im Norden teils bis heute.“
Markus Söder, ein Protestant, dürfte mit seinem Fränkisch kaum Probleme haben – „sprachlich ist er von Hessen und der Pfalz, der Mitte Deutschlands, nicht weit weg“. Inhaltlich sei er ein Chamäleon – vom Haudrauf zum Landesvater gewandelt, kann er nach innen poltern und nach außen staatsmännisch sein. Mit einem Kanzler Söder würde die CSU ein Erfolgsmodell verlieren: „Sie hat sich eingerichtet, mitzuregieren, aber gegen die in Berlin die Fäuste zu ballen .“S öder hat es oft genug getan.