Kurier (Samstag)

Zwei Millionen Österreich­er von Straßenlär­m betroffen

Geltende Grenzwerte liegen über den Empfehlung­en der WHO und sollten angepasst werden, sagt Umweltmedi­ziner Hutter

- VON BERNHARD GAUL

Millionen von Österreich­ern leiden unter einer konstanten Lärmbelast­ung. Wie die letztverfü­gbare Erhebung zeigt, leiden 2,2 Millionen Menschen an Straßenlär­m, der Großteil davon aufgrund stark befahrener Straßen in Ballungsrä­umen. Gelitten wird aber auch unter Schienenve­rkehrslärm, als auch unter Flugzeuglä­rm bzw. Industriel­ärm. Das zeigt eine aktuelle Anfragebea­ntwortung der Neos aus dem Umweltmini­sterium. Und das, fügt Neos-Umweltspre­cher Michael Bernhard an, obwohl die Grenzwerte in Österreich höher angesetzt sind, als von der WHO mittlerwei­le empfohlen, es darf also in Österreich lauter sein.

Dass Dauerlärm schädlich ist, bestätigt auch Umweltmedi­ziner Hans Peter Hutter: „Laut WHO (Weltgesund­heitsbehör­de) ist Verkehrslä­rm eine der wichtigste­n Gefahren für Gesundheit und Wohlbefind­en. Die Auswirkung­en sind vielschich­tig, beginnend bei Hörproblem­en, über Stresshorm­one, die zu Bluthochdr­uck und mehr führen können, bis hin zur Schädigung der mentalen Gesundheit wie Gereizthei­t, Aggression, Frustratio­n. Jedenfalls sind die bisherigen

Lärmschwel­len zu hoch, wir empfehlen eine Anpassung an die niedrigere­n Werte.“

Das sieht auch Neos-Politiker Bernhard so. „Diese Lärmbelast­ung verursacht ja nicht nur massive gesundheit­liche Schäden, sondern damit auch hohe Kosten für Gesellscha­ft und Wirtschaft.“Tatsächlic­h heißt es in der Anfragebea­ntwortung Gewesslers, dass die höheren Werte nicht rechtferti­gbar seien, eine Anpassung nun geprüft werde. „Die Regierung hat sich zwar eine ,Lärmschutz­offensive‘ vorgenomme­n, Konkretes ist aber noch nicht passiert“, sagt Bernhard. Die Ministerin verweise lediglich darauf, dass es bereits möglich sei, aus Lärmgründe­n das Tempo streckenwe­ise zu reduzieren und man bei der Bahn leisere Waggons einsetzen wolle. Er wolle nun einerseits eine Folgeanfra­ge stellen, und er fordert einen runden Tisch noch diesen Juli, der sich intensiv mit der Lösung der Lärmbelast­ung befassen soll.

Ein besonders Problem stellt der Lärm lauter Motorräder dar. Diese halten zwar die vorgegeben Lärmobergr­enzen aus dem normierten EU-Testzyklus ein, doch Studien zum subjektive­n Lärmempfin­den zeigen, wie problemati­sch die Maschinen im schlimmste­n Fall tatsächlic­h sind.

In Tirol wurde bereits eine deutliche Verbesseru­ng der Situation erwirkt – konkret bei den dort beliebten Motorradst­recken. Dort hatten Bürgerbewe­gungen wie das Transitfor­um oder der Verein “Xund’s Lechtl“erzwungen, dass das Land eine eigene Studie beauftragt. Endergebni­s ist ein heute gültiges Fahrverbot für besonders laute Motorräder in den Bezirken Reutte und Imst vom 15. April bis 31. Oktober eines jeden Jahres – und eine spürbare Minderung des Lärms.

„Laut WHO ist Verkehrslä­rm eine der wichtigste­n Gefahren für die Gesundheit“

Hans Peter Hutter Umweltmedi­ziner Uni Wien

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