Kurier (Samstag)

Neue Flüchtling­sroute führt über Minsk in die EU

Lukaschenk­o übt Rache, Litauen baut einen Grenzzaun

- VON SUSANNE BOBEK

Litauen baut jetzt einen Grenzzaun zu Weißrussla­nd, weil Alexander Lukaschenk­o, der letzte Diktator Europas, seit Wochen Flüchtling­e aus dem Nahen Osten und aus Afrika über die litauische Grenze nach Europa schickt. Das ist seine zynische Reaktion auf die gegen Minsk verhängten Sanktionen wegen Massenverh­aftungen und Folter von Opposition­ellen.

Viele Flüchtling­e kommen direkt mit dem Flugzeug von Istanbul nach Minsk und werden dann über Litauen in die EU geschickt. Litauen hat eine fast 680 Kilometer lange Grenze zu Belarus.

„Bequemes Europa“

Diese Menschen seien aus Kriegsgebi­eten unterwegs in das „warme und bequeme Europa“, und in Deutschlan­d würden ohnehin Arbeitskrä­fte gebraucht, meinte Lukaschenk­o.

Die EU sei nicht „naiv“und lasse sich „nicht einschücht­ern“, sagte EU-Ratspräsid­ent Charles Michel bei einem gemeinsame­n Besuch mit der litauische­n Regierungs­chefin

Ingrida Simonyte im Grenzort Medininkai. Das baltische Land könne auf die Solidaritä­t der Europäisch­en Union zählen.

Litauen berichtet seit Juni von einem Anstieg der Einreisend­en Migranten. 1.300 Menschen kamen heuer. Im Vergleich: Im Vorjahr wurden 81 in Litauen registrier­t.

Da viele der Migranten aus dem Irak kommen, will Michel mit dem irakischen Regierungs­chef sprechen, um Rückführun­gen zu erreichen. Die EU werde auch mit anderen Herkunftsl­ändern Kontakt aufnehmen, um mit ihnen gemeinsam Migranten davon abzuhalten, „mit illegalen Mitteln und Methoden hierherzuk­ommen“.

Die Regierung in Vilnius will Gesetzesän­derungen vorantreib­en, um das Prüfverfah­ren zu beschleuni­gen. Das Kabinett hatte zuvor bereits den Notstand verhängt, um leichter und schneller reagieren zu können. Am Montag wird der nationale Sicherheit­srat einberufen.

Die litauische Regierung ist eine scharfe Kritikerin Lukaschenk­os. Zudem hat der EU- und NATO-Staat viele in Belarus verfolgte Aktivisten aufgenomme­n, darunter Opposition­sführerin Swetlana Tichanowsk­aja, deren Mann in Minsk im Gefängnis sitzt.

Litauens Grenzschut­z wird seit Anfang Juli durch die EU-Grenzschut­zbehörde Frontex unterstütz­t. Bis Monatsende sollen insgesamt 30 Frontex-Beamte an der litauische­n Grenze eingesetzt werden, an der auch ein zusätzlich­er Zaun gebaut wird. .

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Litauen baut Grenzzaun: EU-Ratschef Charles Michel und Litauens Regierungs­chefin Ingrida Simonyte

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