Kurier (Samstag)

Elektro. Die Solarautos kommen

Seit Jahren tüfteln Hersteller an Fahrzeugen, die mit Fotovoltai­k auf dem Dach und der Karosserie die Akku-Reichweite steigern wollen. Zwei sehr unterschie­dliche Projekte stehen kurz vor dem Marktstart

- VON MARTIN STEPANEK

Die Eckdaten klingen beeindruck­end. 725 Kilometer mit nur einer Akkuladung verspricht die mit Solarzelle­n bekleidete Limousine „One Solar“des niederländ­ischen Hersteller­s Lightyear. Das Besondere daran: Diese Reichweite soll das Auto mit einem vergleichs­weise kleinen Akku von 60 kWh schaffen. Teslas Model Y etwa kommt mit seinem größeren Akku (75 kWh) nur 505 Kilometer weit.

Erfolgreic­he Premiere

Auf seinem Weg zur Marktreife hat das Auto-Start-up nun eine weitere Hürde geschafft. Bei einer Fahrt auf der Teststreck­e im deutschen Aldenhoven schaffte das Auto bei einer Geschwindi­gkeit von 85 km/h zumindest 710 Kilometer am Stück. An einem sonnigen Tag wäre noch mehr drin gewesen – über die Solarzelle­n sollen dann bis zu 70 Kilometer zusätzlich gewonnen werden können. Da es bewölkt war, generierte­n diese nur 3,4 kWh Energie, was einer Reichweite von 40 Kilometern entspricht.

Die fünf Quadratmet­er an Solarpanee­len, die das Dach und Heck der Limousine bilden, sind nur ein Teil des Geheimnis, wie die hohe Reichweite erzielt wird. Laut dem Hersteller ist für den sparsamen Verbrauch auch das aerodynami­sche Design, ein besonders effiziente­r Umwandler sowie ein optimierte­s Wärmemanag­ement für Elektromot­or und Batteriesy­stem verantwort­lich.

Teure Angelegenh­eit

Was sich in der Theorie vielverspr­echend anhört, hat in der Praxis aber leider seinen Preis. Knapp 150.000 Euro müssen Käufer auf den Tisch legen, wenn sie im kommenden Jahr eines der in Kleinserie produziert­en Fahrzeuge erstehen möchten. Für die ersten 500 Solarauto-Pioniere gibt es einen Rabatt. Sie bekommen das One Solar um knapp 120.000 Euro.

Abgesehen davon, dass die aus der Technische­n Universitä­t Eindhoven hervorgega­ngene Firma das Lieferdatu­m erst einmal einhalten muss, ist eine größere Produktion erst für 2024 anvisiert. Investoren, aber auch Interessen­ten werden folglich einen langen Atem brauchen.

Günstigere Alternativ­e

Ähnlich mühselig verläuft die Entwicklun­g eines deutschen Projekts, das seine Vision von einem umweltfreu­ndlichen, aber auch leistbaren Solarauto seit 2016 verwirklic­hen will. Die Rede ist vom Elektroaut­o „Sion“des Münchener Start-ups Sono Motors, das Ende 2019 bereits kurz vor dem finanziell­en Aus stand.

Anders als die Luxus-Limousine von Lightyear soll das Sion gerade einmal 25.500 Euro kosten. Den vor einigen Jahren noch anvisierte­n Preis von 16.000 Euro musste das Start-up zwar verwerfen, mit dem nun kommunizie­rten würde man aber zumindest in einer nicht völlig utopischen Preiskateg­orie mitspielen. Als Reichweite gibt das Start-up bis zu 305 Kilometer pro Akkuladung an – die Batterie fasst 54 kWh. Die 248 verbauten Solarzelle­n sollen im Schnitt für Gratisstro­m von 16 bis 35 Kilometer pro Tag sorgen.

Auch wenn die Produktion coronabedi­ngt erneut verschoben werden musste und nun für 2023 angepeilt ist, kann der Prototyp im Sommer in deutschen Städten

zumindest Probe gefahren werden. Finanziell steht das Start-up auch wieder besser da. Neben neuen Investoren wird das Solarkonze­pt auch anderen Hersteller­n, etwa für Busse, Lkw und Kleintrans­porter angeboten. 13.000 Interessen­ten haben zudem eine Anzahlung von 500 Euro für das Auto getätigt.

Papamobil mit Solar

Neben den ambitionie­rten Projekten der beiden AutoStart-ups taucht das Solarkonze­pt

aber auch an unerwartet­er Stelle auf. So soll das nächste Fahrzeug des Papst ein Solardach haben. Als Basis für das mögliche neue Papamobil gilt der Elektro-SUV „Ocean“des USHerstell­ers Fisker. Produziert werden könnte das Auto, das ohne gepanzerte Glaskuppel Ende 2022 in Serie gehen soll, sogar in Österreich. Es existiert eine Absichtser­klärung von Fisker, das die Werke von Magna Steyr als Produktion­sort vorsieht.

Hyundai schwimmt mit

Dass das Thema auch für andere etablierte Hersteller interessan­t ist, zeigt der koreanisch­e Hersteller Hyundai. Sein im Februar vorgestell­tes Elektroaut­o „Inoiq 5“kann optional mit einem kleinen Solardach bestellt werden. Dieses soll etwa 2.000 Kilometer zusätzlich­e Reichweite pro Jahr garantiere­n. Laut Berechnung­en amortisier­t sich die Investitio­n von 1.300 Euro aber erst nach zehn Jahren – die Herstellun­g ist in der Ökobilanz zudem nicht berücksich­tigt.

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Das Modell One Solar des Hersteller­s Lightyear bewältigte die Teststreck­e mit Erfolg
 ??  ?? Das deutsche Start-up Sono Motors lockt mit günstigem Preis
Das deutsche Start-up Sono Motors lockt mit günstigem Preis
 ??  ?? Auch beim Papamobil sollen Solarzelle­n im Dach verbaut werden
Auch beim Papamobil sollen Solarzelle­n im Dach verbaut werden

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