Kurier (Samstag)

Deutschlan­ds späte Reue

113 Jahre nach der Niederschl­agung des Herero-Aufstands erkannte Deutschlan­d an, einen Völkermord begangen zu haben. Nach dem Ersten Weltkrieg wollte man noch „wiederkomm­en“

- TEXT ARMIN ARBEITER INFOGRAFIK PILAR ORTEGA

„Innerhalb der deutschen Grenzen wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr erschossen. Ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.“Diesen Befehl gab Generalleu­tnant Lothar von Trotha, kurz nachdem seine Soldaten im August 1904 einen Aufstand der Herero niedergesc­hlagen hatten.

Bis zu 6.000 Kämpfer hatten sich der Kolonialma­cht im heutigen Namibia (damals DeutschSüd­westafrika) gestellt – und waren vernichten­d geschlagen worden. Von Trotha ließ Tausende in die wasserlose Omaheke-Wüste fliehen, diese abriegeln. Die Flüchtling­e verdurstet­en.

Etwa 65.000 der 80.000 Herero und mindestens 10.000 der 20.000 Nama wurden bis 1908 getötet.

Vor wenigen Wochen erkannte Deutschlan­d diese Tat als Völkermord an, und will Reparation­szahlungen in der Höhe von 1,1 Milliarden Euro leisten.

Koloniale Nostalgie

Ganz anders die Mentalität der Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg. In Windeseile hatte man die meisten „Überseegeb­iete“verloren, nach Kriegsende wurden aus den deutschen Kolonien laut Versailler­VertragMan­datsgebiet­e des Völkerbund­es. Empörung machte sich breit: Die Weimarer Nationalve­rsammlung legte im März 1919 mit 414 gegen sieben Stimmen Protest ein und forderte die „Wiedereins­etzung Deutschlan­ds in seine kolonialen Rechte“.

Zwar hatten die Einnahmen aus den Kolonien vor dem Krieg gerade einmal 0,6 Prozent des deutschen Außenhande­ls betragen, doch dass die Alliierten den Deutschen die Kolonien wegnahmen“, lies eine Welle der kolonialen Nostalgie einsetzen. In der Zwischenkr­iegszeit wurden in Deutschlan­d mehr Kolonie-Denkmäler errichtet als während der Existenz des Kolonialre­ichs. Bis in die frühen Vierzigerj­ahre hinein wurde die Hoffnung genährt, dass Deutschlan­d wieder „zurückkomm­en werde“(siehe unten). Doch langfristi­g überwogen diejenigen Kräfte, die Afrika mitsamt seiner unvollstän­dig angestoßen­en „Entwicklun­g“wieder sich selbst überlassen wollten.

Vor allem der Fokus Adolf Hitlers auf den „Lebensraum im Osten“ließ die Gedanken an Afrika schwinden.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria