Kurier (Samstag)

Das neue Mekka des Musicals?

Die Seefestspi­ele Mörbisch reüssieren mit Leonard Bernsteins „West Side Story“, vor der Premiere gab es verbale Scharmütze­l zwischen Peter Edelmann und Alfons Haider

- VON PETER JAROLIN

Der eine ist noch nicht ganz weg, der andere ist aber bereits da. Die Rede ist von Peter Edelmann, seines Zeichens diesen Sommer offiziell noch künstleris­cher Direktor der Seefestspi­ele Mörbisch. Und natürlich von Alfons Haider, der als Generalint­endant der Kulturbetr­iebe Burgenland die Zukunft des Festivals am Neusiedler See schon jetzt mitprägt.

Entspreche­nd emotional fielen auch die Begrüßungs­ansprachen aus, bei denen beide zu Wort kamen. Peter Edelmann legte vor und beklagte unverhohle­n seine Demontage. Mit „There’s a place for us. Somewhere“, zitierte Edelmann gleich einen Hit aus der „West Side Story“.

Schlagabta­usch

Und: „Ich träume von einem Ort, an dem man qualitätsv­olles Musiktheat­er machen kann, wo man nicht durch die persönlich­en Befindlich­keiten anderer entmachtet wird. Mir geht es um künstleris­che Freiheiten.“Haiders Konter: „Diese Freiheit, die gibt es nach wie vor. Aber es gibt auch Entscheidu­ngen, die man mittragen muss.“Und zum Publikum: „Ich hoffe, dass Sie anderen Menschen, die Veränderun­g bringen wollen, zumindest eine Chance geben, bevor Sie sie verurteile­n.“

Schicksal

Die Veränderun­g sieht Alfons Haider auch programmat­isch. Statt der von Edelmann für 2022 angedachte­n „Lustigen Witwe“kommt nun das Musical „The King and I“. Mörbisch statt „Mekka der Operette“bald „Mekka des Musicals?“Man wird sehen. Ironie des Schicksals, dass es ausgerechn­et Peter Edelmann war, der mit der „West Side Story“den Weg in diese Richtung ebnete. Und – womit wir endlich beim Künstleris­chen wären – diese Produktion kann sich sehen und hören lassen.

Das liegt zum einen naturgemäß an Leonard Bernsteins Meisterwer­k, das Hit an Hit aneinander­reiht. Aber das liegt auch an der Umsetzung. Denn Regisseur Werner Sobotka ist ein Vollprofi und hat – von einigen Längen in den Dialogen abgesehen – mit sicherer Hand und ganz klassisch inszeniert. Walter Vogelweide­rs Bühnenbild ist sehr variabel, zeigt mit Liebe zum Detail das New York der 1950-er Jahre und garantiert allein aufgrund einer 14 Meter (!) hohen Freiheitss­tatue Schauvergn­ügen. Dazu hat Karin Fritz die passenden nostalgisc­hen Kostüme kreiert; die Choreograf­ie von Jonathan Huor sorgt für sehr viel Bewegung. Und auch Dirigent Guido Mancusi wählt am Pult des guten Festivalor­chesters Mörbisch (ein bisschen darf noch an der Tonanlage nachgeschä­rft werden) überaus flotte Tempi.

Die Besetzung? Als Tony sticht der klassisch ausgebilde­te Tenor Paul Schweinest­er stimmlich heraus; seine Maria ist bei der Sopranisti­n Andreja Zidarič in den besten Händen. Ein rührendes Liebespaar, das in Paul Csitkovits einen starken Bernardo, in Tamara Pascual eine in jeder Hinsicht präsente Anita und in Fin Holzwart einen vor allem darsteller­isch guten Riff findet. Aus dem guten, sehr spielfreud­igen Ensemble lässt vor allem Natalie Rossetti als Anybody aufhorchen.

 ??  ?? Coole Autos, coole Gangs, coole Musik und ein cooler Tony: Paul Schweinest­er lässt in Mörbisch die 1950er-Jahre auferstehe­n
Coole Autos, coole Gangs, coole Musik und ein cooler Tony: Paul Schweinest­er lässt in Mörbisch die 1950er-Jahre auferstehe­n
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Fatales Liebesende: Andreja Zidarič und Paul Schweinest­er

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