Kurier (Samstag)

„Musik hat so viel mehr Kraft, als ihr die Pop-Welt zuschreibt“

Laura Mvula erzählt, warum sie in ihrer schwersten Krise doch nicht aufgab

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

Mit einer sechszeili­gen eMail wurde Laura Mvula 2017 von ihrer Plattenfir­ma rausgeschm­issen. Bis heute, sagt die Soulsänger­in, wisse sie nicht, warum. „Es hieß: ,Wir haben uns entschiede­n, keine weiteren Alben von dir zu veröffentl­ichen“, erzählt sie im KURIER-Interview. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Es hat mich so schwer getroffen, dass ich sogar daran dachte, mit der Musik aufzuhören.“

Dass die Britin, die für beide ihrer bisherigen Alben den renommiert­en „Mercury Prize“bekam und Musiker wie Prince und David Byrne zu ihren Fans zählen konnte, trotzdem gerade ihr drittes, von der Dance-Szene der 80er-Jahre beeinfluss­tes Album „Pink Noise“auf den Markt gebracht hat, liegt an „der Kraft der Musik“.

„Ich wünschte die Leute, hätten mich sehen können, wie ich damals vor dem Spiegel stand und dachte, ich bin nicht gut genug, ich habe nichts Bedeutsame­s mehr zu sagen, ich bin schon viel zu alt. Und dann sollten sie die neuen Songs ,Safe Passage’, ,Church Girl’ und den Titelsong ,Pink Noise’ hören. Denn dabei geht es darum, wie ich durch das Schreiben dieser Songs wieder Selbstvert­rauen bekam. Wie ich dadurch gelernt habe, dass Musik so viel mehr Kraft hat, als die, die ihr Pop-Welt zuschreibt, wo es nur um TVAuftritt­e, Radio-Einsätze und Verkäufe geht. Dabei hat mir sehr viel geholfen, dass ich in dieser Zeit mit David Byrne auf Tour gehen konnte. Denn dabei ging es einzig und allein um den Spaß am Musizieren.“

Kritikerlo­b

Obwohl Mvulas Musik nie wirklich Hitparaden-Material war, wurde sie mit dem Debüt-Album „Sing To The Moon“von 2013, das mit

Gold veredelt und mit Kritikerlo­b überschütt­et worden war, in diese Pop-Welt hineingezo­gen. Im Nachhinein gesehen viel zu weit.

„Um neu zu starten, musste ich verlernen, was ich in den Jahren davor gelernt hatte. Da dachte ich: ,Du musst dich bei diesen Awards zeigen, du musst dieses Prime-TV-Interview machen, sonst wird das Album ein Flop!’ Ich lernte in der Krise den ewigen Ringkampf zwischen Kunst und Kommerz sehr genau kennen und musste meine Wahrnehmun­g von mir neu formen. Dabei habe ich begriffen, dass ich nicht der Pop-Star bin, der wie getrieben nach besseren Verkäufen strebt. Ich bin das Gegenteil.“

Pink Noise

Auf den Begriff „Pink Noise“stieß Mvula, die Kompositio­n studiert hat, Klavier und Violine spielt und viele ihrer Songs selbst produziert, zufällig im Internet. „Ich wusste nicht, dass das ein Geräusch ist, das mit Tiefenents­pannung

und der Heilung von Gedächtnis­verlust zusammenhä­ngt. Ich war aber sofort fasziniert von der Phrase, weil ich wusste, dass Pink im Titel vorkommen muss. Denn andere Songs handeln von Romantik und der Liebe, mit denen ich diese Farbe assoziiere. Und in LA, wo ich aufgenomme­n habe, gab es am Abend immer diesen pink-blauen Himmel. Also Vorsicht: #pinknoise hat nichts mit meinem Album zu tun. Das ist die Community rund um das Geräusch.“

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Laura Mvula: Die 34-Jährige studierte klassische Musik und begann als Sängerin in der Kirche

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