Kurier (Samstag)

Schmid suchte auch nach Silberstei­n-Steuerakte­n

Ex-Finanzmini­ster Schelling war über dubiose Vorgänge nicht informiert

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Dieser Chat-Verlauf ist brisant und könnte einen weiteren Amtsmissbr­auch belegen: „Sebastian Kurz wünscht, dass Herr Bundesmini­ster (Finanz) morgen auf die Silberstei­n Geschichte drauf geht“, schreibt sein Sprecher Johannes Frischmann am 14. August 2017, mitten im Wahlkampf, über den israelisch­en Berater Tal Silberstei­n, der im Umfeld der SPÖ einen schmutzige­n Wahlkampf geführt haben dürfte.

In einer weiteren WhatsApp-Nachricht leitet Thomas Schmid, Generalsek­retär im Finanzmini­sterium, Details weiter: „Liebe beide, Erstinfo zu Silberstei­n: Nicht bei uns im Abgabeninf­ormationss­ystem erfasst und auch nicht bei fiu Geldwäsche (...) lg Edi“.

FIU ist die Anti-Geldwäsche­stelle Financial Intelligen­ce Unit. Die besagten Informatio­nen dürfen eigentlich nicht von jedem Mitarbeite­r im Finanzmini­sterium nach Lust und Laune abgefragt und auch nicht weitergege­ben werden.

Und bei „Edi“soll es sich um Eduard Müller handeln, damals Sektionsch­ef im Finanzmini­sterium, und später Minister im Expertenka­binett Bierlein. Heute ist Müller Vorstand in der Finanzmark­taufsicht.

497 Seiten starke Akte

Das ist aber nur eine der neuen Facetten jenes Ermittlung­saktes der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), der am vergangene­n Mittwoch zu den Hausdurchs­uchungen im Bundeskanz­leramt, in der ÖVP-Zentrale und bei der Verlagsgru­ppe Österreich führte. Er liegt dem KURIER vor. Im Zentrum der Ermittlung­en stehen die Chats von Ex-Generalsek­retär Thomas Schmid und der „Kurz-Gruppe“. Folglich ist es auch Ex-Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling ins Visier der Justiz geraten, weil in seiner Amtszeit mit Geldern aus dem Finanzmini­sterium Studien, Umfragen und ÖVP-Inserate in der Zeitung Österreich finanziert wurden. Doch Schelling dürfte von diesen Vorgängen, die sein Generalsek­retär orchestrie­rt haben soll, nichts gewusst haben. Obwohl „die gesamte finanziell­e Abwicklung über sein Ministeriu­m verlief, wurde er von Generalsek­retär Schmid offenbar nicht eingeweiht“, heißt es im 497 Seiten starken Analyseber­icht der WKStA. Schelling wollte eigentlich alle Inserate bei „Fellner“streichen, obwohl Schelling in der Gratis-Zeitung durchwegs gut wegkam.

Kein Kasperl

Aus den Akten geht auch hervor, dass Schelling im Frühjahr 2016 anfangs eher als Mann der Kurz-Gruppe galt. So schrieb Generalsek­retär Schmid im April 2016 an Gernot Blümel: „Aber den Schelling lässt ihr am Leben. Der ist ok.“Blümel antwortete: „Meine Stimme hat er!!!“

Später soll Schelling einen Kompromiss mit dem damaligen Regierungs­partner SPÖ in Sachen „Kalter Progressio­n“geplant haben, was Kurz „deutlich ablehnte“. Kurz soll Schelling klargemach­t haben, dass er im Falle eines Kompromiss­es „raus“sei. Am Ende zählte Schelling dann doch nicht mehr zum Team Kurz und er war deshalb mächtig pikiert.

„Ich bin keine Schachfigu­r, mit der andere spielen. Ich setze meine Züge selbst“, ließ Schelling via WhatsApp seinem Groll freien Lauf. „Mich wird niemand demontiere­n, so wie man es mit Fekter gemacht hat. (...) Ich bin doch kein Kasperl.“

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Israelisch­er Politikber­ater Tal Silberstei­n hat in Österreich offenbar keine Einnahmen versteuert
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Hans Jörg Schelling zählte am Ende nicht zum „Kurz-Team“

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