Kurier (Samstag)

Super-GAU zur Unzeit

Warum die Regierung unbedingt weiterarbe­iten sollte

- WOLFGANG ROSAM

Gerade als Türkis/Grün nach den Covid-Restriktio­nen in die Gänge zu kommen schienen, platzt die Staatsanwa­ltsbombe! Hausdurchs­uchungen und eine Beschuldig­tenliste, die weltweit Österreich endgültig ins Bananenrep­ublik Licht rücken.

Ich sehe drei Szenarien: Szenario eins: Politik ist kein Kindergart­en! Die Ablöse eines Parteichef­s war hierzuland­e noch nie smart oder fair. Erinnern wir uns zurück, als Jörg Haider den Norbert Steger „killte“. Oder, als Werner Faymann den „Gusi“Alfred Gusenbauer unfreiwill­ig ins Exil schickte.

Jahre danach wurde Faymann selbst Opfer von Christian Kern und der „Viererband­e“. War wohl eher Putsch als Freundscha­ft.

Und bei Kurz und Mitterlehn­er war es auch nicht anders. Kurz war die strahlende Zukunftsho­ffnung, mit der man Wahlen gewinnen konnte, Mitterlehn­er nicht. Also hören wir bitte auf, so entsetzt zu tun. Politik und Machtwechs­el folgen den Grundsätze­n von Machiavell­i und sind kein Kindergebu­rtstag.

Szenario zwei: Die jungen Prätoriane­r. Das ist jeweils die Hoffnungs- & Fantruppe, die sich immer um einen emporstreb­enden Politiker schart. Voller Begeisteru­ng, Enthusiasm­us und dem festen Willen, zu gewinnen. Noch heute träumen Altschwarz­e von den seinerzeit­igen bunten Vögeln des Erhard Busek, die Wien durcheinan­der mischten.

Die Kurz-Prätoriane­r, junge Menschen im ganzen Land, träumten von einer neuen Politik, die es in der Realität wohl gar nicht gibt. Einer von ihnen, Thomas Schmid, so ehrgeizig wie skrupellos, stach besonders hervor. Insbesonde­re im Hineinschl­eimen beim „Chef“und im Hervortun seiner falsch angelegten, destruktiv­en Loyalität. Er ist mit seinen Chats und SMS zum Totengräbe­r seiner Partei und seines „geliebten Kanzlers“geworden.

Szenario drei: Wie geht’s weiter? Das Opfer sind wir.

Ein aktuell unregierba­res, geschockte­s Österreich. Und das inmitten vieler, ungelöster Probleme. Die Pandemie ist natürlich so lange nicht vorbei, solange wir einer Impfquote hinterherl­aufen, wie sie etwa die Dänen und mittlerwei­le sogar die Deutschen, erreicht haben. Wir versemmeln den Wirtschaft­saufschwun­g, wenn wir jetzt nicht die richtigen Schritte setzen.

Neuwahlen könnten zum Bumerang werden. Eine Konzentrat­ionsregier­ung geht nur mit Kickl. Kickl statt Kurz? Ernsthaft? Es geht einfacher: Lasst die Justiz mal ihren Job machen. Das fordert ihr ja auch täglich und ganz laut. Ja, das Image ist versaut, aber jetzt geht’s um Wichtigere­s. Nämlich, das Land aus der Gesundheit­s- & Wirtschaft­skrise zu bringen. Wer die verfassung­srechtlich­e Unschuldsv­ermutung ernst nimmt, arbeitet weiter und wartet die Entscheidu­ng der Gerichte ab. Das ist zwar nicht lustig und – ja – belastend. Aber das Land muss vor parteipoli­tischem Kalkül kommen. Also, macht euren Job.

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Wolfgang Rosam ist Kommunikat­ionsberate­r und Herausgebe­r des Falstaff.

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