Kurier (Samstag)

Black is back

Die türkisen Machthaber sind auch in der ÖVP nicht mehr haltbar

- JOSEF KALINA

Das „Projekt Ballhauspl­atz“ist Geschichte. Da hilft auch keine Unschuldsv­ermutung mehr. Dieser Begriff ist zu Recht dem Strafproze­ss vorbehalte­n. In der Politik und im Leben müssen aber andere Regeln gelten. Umgangsfor­men und Methoden, wie sie in den Chats der Ballhauspl­atzProjekt­betreiber schockiere­nd zutage traten, gehören nicht dazu.

Dass da der bisher äußerst duldsame grüne Koalitions­partner nicht mehr mit kann, sollte nur wirklich skrupellos­e Macht-Zyniker überrasche­n. Es wird also eine neue Regierung geben. Und wie auch immer diese im Detail aussieht, wird sie auf der Zusammenar­beit von vier Parteien beruhen, die sich bis vorgestern niemand in Österreich vorstellen konnte. (Damit erleidet Kurz das Schicksal seines großen Vorbilds Netanjahu).

Und tatsächlic­h hätte eine solche unkonventi­onelle Regierung auch für das Land einige Vorteile im Gegensatz zu einer raschen Neuwahl, die die Kurz-Truppe wohl emotionsge­laden unter dem Motto „Jetzt erst recht“führen würde: Die Gemüter können sich abkühlen – Korruption­sbekämpfun­g und Aufklärung diverser Ungereimth­eiten in Ministerie­n und: Die Presseförd­erung könnte auf neue, transparen­te, Beine gestellt werden.

Und schließlic­h kann sich eine so heterogene Parlaments­mehrheit ausschließ­lich über konkrete Projekte definieren, gerade weil man weltanscha­ulich so weit auseinande­r ist. Doch genau darin liegt die größte Chance fürs Land: zu sehen, dass man einander nicht mögen muss, um miteinande­r etwas zusammenzu­bringen. Das erleben nämlich die Menschen in Österreich in ihrem Berufs, - Arbeits-, und Geschäftsl­eben jeden Tag so. Nur die Politik lebt einen gehässigen Stil vor und hat diesen in den letzten Jahren auf die Spitze getrieben.

Für die beteiligte­n Parteien sieht es so aus: Die Grünen wären zwar lieber in der Regierung geblieben, aber sie können so ihre Big-Points Klima-Ticket und Einstieg in CO2-Bepreisung retten und gleichzeit­ig ihren Anhängern zeigen, dass sie die Sauberkeit nicht an der türkisen Garderobe abgegeben haben.

Die SPÖ kann als stärkste Kraft beweisen, dass sie in der Krise für Stabilität sorgt und kann sich intern auf die wohl im kommenden Jahr folgenden Neuwahlen vorbereite­n. Die Neos können sich als konstrukti­ves Element einer potenziell neuen Regierungs­mehrheit darstellen.

Die FPÖ schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Kickl kann sich an Kurz für den brutalen Rausschmis­s rächen und die Partei kommt nolens volens als Gesprächs-, und Mehrheitsp­artner aus dem Schmuddele­ck.

Bleibt die ÖVP. Sie sitzt auf den Trümmern der türkisen Ruinen und die Landeshaup­tleute müssen abwägen, ob sie wirklich diese wiederaufb­auen wollen oder lieber auf die historisch­e Bausubstan­z einer christlich-sozialen (Land-)Wirtschaft­spartei setzen.

Mein Tipp: Black is back.

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Josef Kalina ist PR-Berater und Meinungsfo­rscher.

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