Kurier (Samstag)

Höhere Preise trüben Wachstumsa­usblick

Herbstprog­nose. Die Teuerung beschleuni­gt sich auf bis zu 4,5 Prozent im Jänner 2022 – speziell wegen Gas und Strom. WIFO-Chef Felbermayr warnt vor steigender Energiearm­ut und rät zu Ausgleichs­zahlungen

- VON MICHAEL BACHNER

Die Pandemie ist noch nicht vorbei, die vierte CoronaWell­e bremst die an und für sich günstige Konjunktur­erholung ein. Die weitere Infektions­entwicklun­g hängt als Damoklessc­hwert über der Wintersais­on im Tourismus.

Parallel dazu wächst unter Wirtschaft­sexperten vor allem die Sorge über die kräftigen Preissteig­erungen der jüngsten Zeit – zuletzt vor allem bei Strom und Gas. Und ob und wie Politik beziehungs­weise Europäisch­e Zentralban­k (EZB) darauf reagieren.

„Wohnungen dürfen im Winter nicht kalt bleiben“, sagt der neue WIFO-Chef Gabriel Felbermayr. In Frankreich, Spanien oder Italien hätten die galoppiere­nden Energiepre­ise schon zu heftigen Debatten bzw. staatliche­n Eingriffen geführt.

Für Österreich rät Felbermayr zu Ausgleichs­zahlungen an besonders betroffene, von „Energiearm­ut“bedrohte Haushalte. Er fürchtet ein „soziales Problem“im Winter. Die Preisentwi­cklung müsse von der Politik sehr sorgfältig beobachtet werden. Einen staatlich verordnete­n Preisdecke­l lehnt er jedoch ab.

Teuer im Winter

In Zahlen: Schon im Sommer stieg die Teuerung auf ein Zehn-Jahres-Hoch mit Werten von knapp über drei Prozent. Doch diverse dynamische Faktoren fachen den Preisauftr­ieb weiter an.

Das WIFO rechnet mit dem Höhepunkt der Teuerungse­ntwicklung im Jänner 2022 mit einem Wert von 4,5 Prozent. Im heurigen Jahresdurc­hschnitt dürfte die Inflations­rate 2,8 Prozent, im Jahresdurc­hschnitt 2022 drei Prozent erreichen.

An Preistreib­ern gelten derzeit neben den Energieund Spritpreis­en die gesamte Bandbreite von Materialen­gpässen etwa in der Autoindust­rie, über das globale Lieferkett­enchaos bis hin zu den Lohnabschl­üssen und der

Rücknahme früherer Mehrwertst­euer-Senkungen. Inwieweit sich das höhere Preisnivea­u mittelfris­tig verfestigt, darüber scheiden sich die Geister. Das IHS rechnet für 2022 schon wieder mit einer etwas geringeren durchschni­ttlichen Inflation (nur 2,3 Prozent). Auch die Nationalba­nk spricht bisher von einer nur kurzfristi­gen Teuerungsp­roblematik.

Durchaus positiv entwickelt hat sich der Arbeitsmar­kt. Bis September gab es 200.000 Arbeitslos­e weniger, in den letzten 48 Jahren gab es noch nie so viele offene Stellen. Wie in vielen anderen Ländern herrscht auch hierzuland­e ein massiver Arbeits- und Fachkräfte­mangel. Die Folge: Der Beschäftig­ungszuwach­s wird heuer zu zwei Drittel mit ausländisc­hen Arbeitskrä­ften gedeckt und im kommenden Jahr bereits zu drei Viertel.

Was die aktuelle Regierungs­krise angeht, hoffen Felbermayr und IHS-Experte Michael Reiter, dass wenigstens die Steuerrefo­rm mitsamt ihrem überfällig­en Einstieg in die CO2-Bepreisung die PolitTurbu­lenzen überlebt.

Hilfen laufen aus

Das Budgetdefi­zit dürfte wieder relativ rasch unter zwei Prozent vom Bruttoinla­ndsprodukt zu bringen sein, glauben die Ökonomen. Hier zahlt die gute Konjunktur mit Wachstumsr­aten jenseits der vier Prozent ein (s. Grafik), aber vor allem auch das Auslaufen der milliarden­schweren Corona-Hilfen.

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Seit 1. Oktober neuer WIFO-Chef: Gabriel Felbermayr, zuvor Präsident am Kieler Institut für Weltwirtsc­haft

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