Höhere Preise trüben Wachstumsausblick
Herbstprognose. Die Teuerung beschleunigt sich auf bis zu 4,5 Prozent im Jänner 2022 – speziell wegen Gas und Strom. WIFO-Chef Felbermayr warnt vor steigender Energiearmut und rät zu Ausgleichszahlungen
Die Pandemie ist noch nicht vorbei, die vierte CoronaWelle bremst die an und für sich günstige Konjunkturerholung ein. Die weitere Infektionsentwicklung hängt als Damoklesschwert über der Wintersaison im Tourismus.
Parallel dazu wächst unter Wirtschaftsexperten vor allem die Sorge über die kräftigen Preissteigerungen der jüngsten Zeit – zuletzt vor allem bei Strom und Gas. Und ob und wie Politik beziehungsweise Europäische Zentralbank (EZB) darauf reagieren.
„Wohnungen dürfen im Winter nicht kalt bleiben“, sagt der neue WIFO-Chef Gabriel Felbermayr. In Frankreich, Spanien oder Italien hätten die galoppierenden Energiepreise schon zu heftigen Debatten bzw. staatlichen Eingriffen geführt.
Für Österreich rät Felbermayr zu Ausgleichszahlungen an besonders betroffene, von „Energiearmut“bedrohte Haushalte. Er fürchtet ein „soziales Problem“im Winter. Die Preisentwicklung müsse von der Politik sehr sorgfältig beobachtet werden. Einen staatlich verordneten Preisdeckel lehnt er jedoch ab.
Teuer im Winter
In Zahlen: Schon im Sommer stieg die Teuerung auf ein Zehn-Jahres-Hoch mit Werten von knapp über drei Prozent. Doch diverse dynamische Faktoren fachen den Preisauftrieb weiter an.
Das WIFO rechnet mit dem Höhepunkt der Teuerungsentwicklung im Jänner 2022 mit einem Wert von 4,5 Prozent. Im heurigen Jahresdurchschnitt dürfte die Inflationsrate 2,8 Prozent, im Jahresdurchschnitt 2022 drei Prozent erreichen.
An Preistreibern gelten derzeit neben den Energieund Spritpreisen die gesamte Bandbreite von Materialengpässen etwa in der Autoindustrie, über das globale Lieferkettenchaos bis hin zu den Lohnabschlüssen und der
Rücknahme früherer Mehrwertsteuer-Senkungen. Inwieweit sich das höhere Preisniveau mittelfristig verfestigt, darüber scheiden sich die Geister. Das IHS rechnet für 2022 schon wieder mit einer etwas geringeren durchschnittlichen Inflation (nur 2,3 Prozent). Auch die Nationalbank spricht bisher von einer nur kurzfristigen Teuerungsproblematik.
Durchaus positiv entwickelt hat sich der Arbeitsmarkt. Bis September gab es 200.000 Arbeitslose weniger, in den letzten 48 Jahren gab es noch nie so viele offene Stellen. Wie in vielen anderen Ländern herrscht auch hierzulande ein massiver Arbeits- und Fachkräftemangel. Die Folge: Der Beschäftigungszuwachs wird heuer zu zwei Drittel mit ausländischen Arbeitskräften gedeckt und im kommenden Jahr bereits zu drei Viertel.
Was die aktuelle Regierungskrise angeht, hoffen Felbermayr und IHS-Experte Michael Reiter, dass wenigstens die Steuerreform mitsamt ihrem überfälligen Einstieg in die CO2-Bepreisung die PolitTurbulenzen überlebt.
Hilfen laufen aus
Das Budgetdefizit dürfte wieder relativ rasch unter zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt zu bringen sein, glauben die Ökonomen. Hier zahlt die gute Konjunktur mit Wachstumsraten jenseits der vier Prozent ein (s. Grafik), aber vor allem auch das Auslaufen der milliardenschweren Corona-Hilfen.