„Das ist genau das, was ich wollte“
Markus Schopp. Der Trainer-Legionär über seine harten Wochen in der 2. Liga in England und das Wiedersehen mit Pep Guardiola
Markus Schopp ist keiner, der Herausforderungen scheut. Das war er nicht, als er 2018 den TSV Hartberg als Aufsteiger und Verein mit dem kleinsten Budget in der Bundesliga übernommen hat. Und noch weniger, als er sich im vergangenen Sommer dazu entschlossen hat, als Trainer nach England zu gehen.
Der FC Barnsley, der kleinste Klub mit der jüngsten Mannschaft der Liga, suchte einen neuen „Manager“, nachdem man vorige Saison um den Aufstieg gespielt hatte und Valérien Ismaël von West Bromwich abgeworben wurde. Gut drei Monate später steht Markus Schopp vor dem Spiel am Samstag gegen Reading mit seinem Team mit acht Punkten aus elf Partien auf dem drittletzten Platz, ist aber überzeugt: „Wir sind auf dem richtigen Weg!“
Der 47-Jährige beschreibt seine sportliche Situation, erzählt, wie es ihm dabei ohne Familie ergeht und wie ihn sein ehemaliger Kollege Pep Guardiola in die große Fußballwelt eintauchen ließ.
KURIER: Wie erleben Sie den englischen Fußball?
Markus Schopp: Bemerkenswert sind zwei Dinge: Zum einen der unglaubliche Respekt und die gegenseitige Wertschätzung unter Trainern, Spielern, aber auch Journalisten. Daran zeigt sich, welchen Stellenwert der Fußball in der Gesellschaft hat. Zum anderen die Leidenschaft, mit der die Menschen die Spiele verfolgen. Vielleicht auch, weil sie über ein Jahr nicht ins Stadion durften. Sie leben das jetzt aus.
Beschreiben Sie bitte die zweite englische Liga.
Es gibt viele Klubs mit großer Geschichte. Barnsley gehört da nicht dazu. Eines der größten Highlights des Klubs war mit Sicherheit die letzte Saison, in der man bis zum Schluss um den Aufstieg in die Premier League gespielt hat. Niemand hätte das für möglich gehalten.
Wieso hat der Klub Sie als Trainer geholt?
Sie haben gesehen, dass ich in Hartberg mit wenigen Ressourcen etwas bewegen konnte, dazu kommt die Art und Weise meines Spiels mit intensiven Phasen, aber vor allem auch Augenmerk auf den Ballbesitz. Für den Verein war es wichtig, den Spielern neben der bisher sehr direkten Spielweise neue Möglichkeiten im Ballbesitz zu geben. Dazu wussten sie, dass ich am Beginn meiner Trainerkarriere viele Jahre in der Jugend und im Ausbildungsbereich verbracht habe und sie den Anspruch haben, die jüngste Mannschaft der Liga zu sein.
Das ist sie mit 23,4 Jahren im Schnitt. Sie sind allerdings jetzt Drittletzter. Bekommen Sie die Zeit, um Ballbesitzphasen zu entwickeln?
Ich wusste bei meiner Verpflichtung, dass die vorige Saison den Hunger weckt, das zu toppen. Aber es wurde klar kommuniziert: Wir wollen den Altersschnitt senken und junge Spieler entwickeln. Wir haben drei Leistungsträger durch Talente ersetzt. Unser Prozess ist ein wenig ins Stocken geraten aufgrund mangelnder Resultate und der Tatsache, dass einige junge
Spieler sehr viel Verantwortung übernehmen müssen.
Verspüren Sie Unruhe im Umfeld des Vereins?
Die Fans haben letzte Saison erfahren, was es bedeutet, von zu Hause miterleben zu müssen, dass ihr Klub eine unglaubliche Saison spielt.
Die Erwartungshaltung aller war: Sie kommen ins Stadion, und es geht genauso weiter. Dass das nicht eintritt, bringt natürlich Unmut mit sich.
Geht Ihnen das nahe?
Ich bin keiner, der naiv ist und sagt: Wisch’ die Resultate weg. Aber ich weiß, wo und wieso wir die Punkte haben liegen lassen. Resultate müssen kommen, das ist mir klar.
Ihre Mannschaft hat nur sieben Tore geschossen und laut Statistik auch wenige Torchancen. Beschreiben Sie das Problem in der Offensive. Wir haben viele Ballgewinne
an der letzten Linie des Gegners. Dann aber spielen wir die Situationen nicht fertig oder treffen falsche Entscheidungen und kommen oft nicht zum Abschluss. Wir arbeiten seit Wochen daran.
Ist es zermürbend, wenn die Erfolge ausbleiben?
Die Konstellation ist eine richtige Herausforderung, aber: Das ist genau das, was ich wollte, genau das, von dem ich glaube, dass ich mich als Trainer entwickeln muss. Nämlich unter diesen Bedingungen Lösungen zu finden.
Was macht Sie optimistisch, dass Sie die Kurve kriegen?
Dass in vielen Spielen nur ganz wenig gefehlt hat und ich mit Bournemouth bisher nur einen Gegner gesehen habe, der mehr Qualität hatte. Und ich merke, dass die Spieler alles aufsaugen und sehr willig sind. Ein positives Resultat könnte viel ausmachen. Vor allem für einen Trainer, der eine neue Idee adaptiert, ist es wichtig, dass die Spieler spüren, dass sie damit auch erfolgreich sein können.
Überlegen war sicher auch Manchester City in der Vorbereitung. Haben Sie das Spiel mit Ihrem Ex-Kollegen Pep Guardiola vereinbart?
Das hat sich kurzfristig ergeben, weil ManCity einen Gegner gesucht hat, der mit einer Dreierkette verteidigt. Wir haben uns sehr lange ausgetauscht, nachdem ich ihn seit 2017, meinem letzten Besuch bei Manchester City, nicht mehr gesehen habe.
Beschreiben Sie doch bitte Ihr Verhältnis zu ihm.
Das ist sehr gut, weil er zu fast allen, mit denen er zusammengespielt hat, ein enges Verhältnis pflegt. Ich glaube, dass sich regelmäßig ehemalige Kollegen bei ihm melden, um in die Welt eintauchen zu können, in der er lebt. Das ermöglicht er. Bei Barcelona und in Manchester habe ich das sehr intensiv genutzt.
Was hat er Ihnen erzählt von der großen Fußballwelt?
Wir haben viel über unsere gemeinsame Zeit in Italien gesprochen, was er von damals mitgenommen hat, wie sich der Fußball entwickelt hat, in welche Richtung er sich seiner Meinung nach noch entwickeln wird, aber auch darüber, wie er den englischen Fußball erlebt. Er hat mir ein paar relevante Sachen mitgegeben. Und ich denke, wenn ich etwas brauche, würde er mich unterstützen.
Wer Sie im Moment nur übers Telefon unterstützen kann, ist Ihre Frau, die mit Ihren beiden Kindern in Graz geblieben ist. Was macht das mit Ihnen?
Mein Arbeitstag beginnt um 7.30 und endet meistens um 18 Uhr. In dieser Konstellation ist es sogar leichter aus arbeitstechnischer Sicht, weil ich keine Verbindlichkeiten habe. Aus familiärer Sicht brauchen wir nicht zu reden. Jemanden an seiner Seite zu haben, mit dem man an andere Dinge denken kann, der dich ablenkt, das fehlt.