Was die Politik jetzt schuldig ist
Die Skandalserie reißt nicht ab und schädigt auch Österreichs Ruf im Ausland. Nötig ist jetzt glaubwürdige Aufräumarbeit
Rechnungshofpräsidentin Margit
Kraker hat Fakten geschaffen. Sie hat Transparenzregeln für die Parteifinanzen vorgelegt, die diesen Namen wirklich verdienen.
Allein der Vorgang, dass der Rechnungshof einen Gesetzesentwurf erstellt, ist eine Peinlichkeit für die Parteien, indem er ihre Nachlässigkeit aufblattelt. Nach jedem Skandal haben die Parteien gelobt, sie würden dafür sorgen, dass das nicht mehr vorkommt. Aber die bisherigen Neuerungen im Parteiengesetz waren meist nur für die Auslage, etwas zum Herzeigen. In der Substanz änderte sich wenig, das Finanzgebaren der Parteien liegt von Rechts wegen immer noch im Dunkeln.
Die Geheimniskrämerei betrifft nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch das eigene Parteivolk. Auf dem letzten ÖVPParteitag im August spielte sich folgende
Szene ab: Der Wirtschaftsprüfer und der Finanzchef der ÖVP gaben am Podium einen mündlichen Finanzbericht, damit die Delegierten den ÖVP-Vorstand per Handzeichen entlasten sollten. Der vorgetragene Finanzbericht enthielt keine einzige Zahl. Keine einzige. Es war zu merken, dass manche Delegiertenkarte sehr zögerlich in die Höhe gehalten wurde. Ausgerechnet einer Unternehmerund Selbstständigenpartei einen Finanzbericht ohne Zahlen zum Absegnen zu präsentieren, ist zumindest originell.
Die Episode illustriert, wie wichtig es wäre, die Vorschläge des Rechnungshofs umzusetzen.
Die Parteien werden sich generell neu aufstellen müssen. Es mangelt über weite Strecken an innerparteilicher Demokratie. Und ihrer Aufgabe, für die Republik gutes Personal zu rekrutieren, kommen sie auch immer weniger nach. Allzu oft schwimmen zweifelhafte Personen nach oben.
Wohin das führt, erleben wir in unschöner Regelmäßigkeit. Österreich gerät auch international immer öfter als Skandalland in die Schlagzeilen. Nach Ibiza und dem unfreiwilligen Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler droht nun der nächste Imageschaden: Ein Polit-Karrierist steht im Verdacht, als Generalsekretär im Außenamt streng geheime Dokumente über russisches Nervengift verhökert zu haben. Er musste als Botschafter suspendiert werden.
Die Politik wird einige Anstrengungen unternehmen müssen, um den Schaden wieder gutzumachen. Das Parteiengesetz wäre ein Anfang. Überfällig ist auch das längst versprochene Informationsfreiheitsgesetz. Seit Jahren wird der Zugang zu Informationen in zunehmendem Maß von Ministerkabinetten gesteuert und kontrolliert – ein unhaltbarer Zustand, der mit ständig neuen Politiker-Ausreden aufrechterhalten wird.
Wenn die Regierung weiterhin säumig bleibt – vielleicht erbarmt sich ja noch einmal der Rechnungshof.