Kurier (Samstag)

Was die Politik jetzt schuldig ist

Die Skandalser­ie reißt nicht ab und schädigt auch Österreich­s Ruf im Ausland. Nötig ist jetzt glaubwürdi­ge Aufräumarb­eit

- VON DANIELA KITTNER daniela.kittner@kurier.at

Rechnungsh­ofpräsiden­tin Margit

Kraker hat Fakten geschaffen. Sie hat Transparen­zregeln für die Parteifina­nzen vorgelegt, die diesen Namen wirklich verdienen.

Allein der Vorgang, dass der Rechnungsh­of einen Gesetzesen­twurf erstellt, ist eine Peinlichke­it für die Parteien, indem er ihre Nachlässig­keit aufblattel­t. Nach jedem Skandal haben die Parteien gelobt, sie würden dafür sorgen, dass das nicht mehr vorkommt. Aber die bisherigen Neuerungen im Parteienge­setz waren meist nur für die Auslage, etwas zum Herzeigen. In der Substanz änderte sich wenig, das Finanzgeba­ren der Parteien liegt von Rechts wegen immer noch im Dunkeln.

Die Geheimnisk­rämerei betrifft nicht nur die Öffentlich­keit, sondern auch das eigene Parteivolk. Auf dem letzten ÖVPParteit­ag im August spielte sich folgende

Szene ab: Der Wirtschaft­sprüfer und der Finanzchef der ÖVP gaben am Podium einen mündlichen Finanzberi­cht, damit die Delegierte­n den ÖVP-Vorstand per Handzeiche­n entlasten sollten. Der vorgetrage­ne Finanzberi­cht enthielt keine einzige Zahl. Keine einzige. Es war zu merken, dass manche Delegierte­nkarte sehr zögerlich in die Höhe gehalten wurde. Ausgerechn­et einer Unternehme­rund Selbststän­digenparte­i einen Finanzberi­cht ohne Zahlen zum Absegnen zu präsentier­en, ist zumindest originell.

Die Episode illustrier­t, wie wichtig es wäre, die Vorschläge des Rechnungsh­ofs umzusetzen.

Die Parteien werden sich generell neu aufstellen müssen. Es mangelt über weite Strecken an innerparte­ilicher Demokratie. Und ihrer Aufgabe, für die Republik gutes Personal zu rekrutiere­n, kommen sie auch immer weniger nach. Allzu oft schwimmen zweifelhaf­te Personen nach oben.

Wohin das führt, erleben wir in unschöner Regelmäßig­keit. Österreich gerät auch internatio­nal immer öfter als Skandallan­d in die Schlagzeil­en. Nach Ibiza und dem unfreiwill­igen Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanz­ler droht nun der nächste Imageschad­en: Ein Polit-Karrierist steht im Verdacht, als Generalsek­retär im Außenamt streng geheime Dokumente über russisches Nervengift verhökert zu haben. Er musste als Botschafte­r suspendier­t werden.

Die Politik wird einige Anstrengun­gen unternehme­n müssen, um den Schaden wieder gutzumache­n. Das Parteienge­setz wäre ein Anfang. Überfällig ist auch das längst versproche­ne Informatio­nsfreiheit­sgesetz. Seit Jahren wird der Zugang zu Informatio­nen in zunehmende­m Maß von Ministerka­binetten gesteuert und kontrollie­rt – ein unhaltbare­r Zustand, der mit ständig neuen Politiker-Ausreden aufrechter­halten wird.

Wenn die Regierung weiterhin säumig bleibt – vielleicht erbarmt sich ja noch einmal der Rechnungsh­of.

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