Kurier (Samstag)

Simulation­sforscher Popper: „Lockdown ist den Menschen nicht zumutbar“

Der Experte glaubt, dass die Zahlen weiter nach oben gehen werden, und plädiert dafür, dass 3-G am Arbeitspla­tz gut kontrollie­rt wird

- VON ELIAS NATMESSNIG

Der Simulation­sforscher Niki Popper ist Mitglied des Prognoseko­nsortiums und berät die Regierung, bevor diese ihre Maßnahmen beschließt.

KURIER: Herr Popper, befinden wir uns schon in einer neuerliche­n Welle?

Niki Popper: Ich mag den Begriff Welle nicht so, weil er klingt, als hätten wir die gleiche Dynamik wie zu Beginn der Pandemie. Wir haben jetzt sehr viel komplizier­tere, dynamische Effekte und das sieht man auch in dieser Kurve, die eben keine Kurve ist, sondern ein Anstieg mit verschiede­nen Plateau-Stufen.

Gibt es einen Plafond oder kann die Entwicklun­g noch weiter nach oben gehen?

Es geht so lang, bis wir eine Sättigung erreicht haben, also bis der Virus keine oder nur sehr wenige Menschen mehr findet, die er anstecken kann. Aber wo dieser Wert ist, wissen wir nicht ganz genau. Was wir wissen, ist, dass wir definitiv noch nicht dort sind und deshalb geht der Anstieg auch noch weiter nach oben.

Welche Menschen sind am stärksten betroffen?

Es sind die Bevölkerun­gsgruppen, die nicht geimpft sind und das sehen sie an zwei Kurven. Das sind die jüngeren Kinder, weil die Schule offen ist – erfreulich­erweise – aber dort sind natürlich kaum Kinder geimpft in der jüngeren Altersgrup­pe. Und dann die nicht bzw. nicht vollständi­g Geimpften unabhängig vom Alter. Das heißt aber auch: die Pandemie ist für niemanden zu Ende.

Wie wird sich das in den nächsten Wochen auf die Spitäler auswirken?

Ja, also auch hier werden die Zahlen steigen. Es ist wie erwartet der Wegfall der positiven Saisonalit­ät eingetrete­n. Jetzt gibt es zwei Dinge, die man machen kann. Das Nachhaltig­e ist das Impfen. Wenn wir es nicht schaffen, die Menschen dazu zu motivieren, dann wird es noch weiter nach oben gehen. Und das Zweite sind Hygienemaß­nahmen. Da kann man Masken tragen, kann man versuchen, Kontakte zu reduzieren. Aber das verschiebt eigentlich die Lösung nur.

Der Gesundheit­sminister setzt große Hoffnungen in die neue Verordnung zu 3-G am Arbeitspla­tz. Wie stark wirkt sich das aus?

Das ist schwierig zu sagen, weil die Arbeitsplä­tze sehr homogen sind. Wir haben es uns aber für die Schulen sehr genau angeschaut und da haben wir ja ein gutes ScreeningP­rogramm und gesehen, wie effektiv das ist. Ähnliches ist vom Programm an Arbeitsplä­tzen zu erwarten, wenn man es denn gut umsetzt. Die

Frage ist, wie schnell das jetzt wirklich umgesetzt wird.

Wie viel Bauchweh haben Sie beim Wintertour­ismus?

Man wird die Wintersais­on gut umsetzen können, wenn man es schafft, dass die Menschen idealerwei­se geimpft sind und, dort wo sie es nicht sind, sehr gut getestet sind und es gute hygienisch­e Konzepte gibt.

Können Sie ausschließ­en, dass wir heuer einen Lockdown haben?

Ich bin kein Politiker. Ich kann nur sagen, dass es in meinen Augen völlig undenkbar und den Menschen eigentlich nicht zumutbar ist, wenn es andere Lösungen gibt und die liegen am Tisch.

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Popper hat mit seinem Team analysiert, wie gut 3-G am Arbeitspla­tz funktionie­ren kann

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