Kurier (Samstag)

Sterbehilf­e soll wohl über ein Sterbeverf­ügungsgese­tz neu geregelt werden

Eine gesetzlich­e Neuregelun­g der Beihilfe zum Suizid rückt näher. Doch bei der Hospiz- und Palliativv­ersorgung fehlen Millionen

- E. HOFER, I. METZGER

Verfassung. Für die Sterbehilf­e braucht es eine gesetzlich­e Neuregelun­g – und zwar dringend.

Der Verfassung­sgerichtsh­of hat das Verbot der Beihilfe zum Suizid gekippt, mit 1. Jänner 2022 wird sie legal. Die Frage ist nur: Unter welchen Bedingunge­n?

Ein Gesetz, das die genauen Umstände regelt, wird von der türkis-grünen Regierung gegenwärti­g finalisier­t.

Die zuständige­n Ministerie­n (Justiz, Verfassung, Gesundheit) arbeiten nur noch an Details, heißt es.

Offen waren bisher vor allem zwei wesentlich­e Fragen: Wer darf Hilfe beim Selbstmord leisten? Und: Wer darf die Hilfe in Anspruch nehmen?

Geplant sein dürfte, dies nun über ein Sterbeverf­ügungsgese­tz zu regeln.

Betroffene könnten – ähnlich wie schon bisher in der Patientenv­erfügung – nach einem Aufklärung­sgespräch eine Sterbeverf­ügung unterzeich­nen. Im entspreche­nden Gesetz festgeschr­ieben müsste sein, dass nur volljährig­e, entscheidu­ngsfähige Personen Hilfe bei einem Selbstmord bekommen dürfen – das hat der Verfassung­sgerichtsh­of verlangt, um etwa Personen mit Demenz auszunehme­n.

Laut einem dem KURIER vorliegend­en Entwurf soll die Bedingung hinzukomme­n, dass die in Anspruch nehmenden Personen an einer tödlichen Krankheit oder schweren körperlich­en Beeinträch­tigungen leiden müssen.

Restriktio­nen

Umgekehrt heißt das, dass das Verbot der Hilfe beim Suizid im Strafgeset­zbuch formal bestehen bleiben könnte und nur diese Fälle ausgenomme­n werden.

Restriktio­nen in allen anderen Fällen könnten dann bestehen bleiben.

Prüfen, ob und inwiefern die Bedingunge­n erfüllt sind, sollen voraussich­tlich Ärzte.

Diese dürften aber – wie auch sonst niemand – nicht verpflicht­et werden können, Hilfeleist­ungen zum Sterben zu erbringen. Die Mitwirkung soll freiwillig erfolgen, eine Verweigeru­ng keinen Nachteil bringen.

Ebenfalls geplant sein soll ein Werbeverbo­t für die Hilfe beim Suizid sowie ein Verbot, dafür einen finanziell­en Gewinn zu erzielen. Letzteres hat in Deutschlan­d der Verfassung­sgerichtsh­of Anfang des Jahres übrigens gekippt.

Offen ist auch, wie die Medikament­e, die zur Sterbehilf­e

verwendet werden, an betroffene Patienten abgegeben werden. Hier wäre denkbar, dass Apotheken sie an jene Menschen abgeben dürfen, die eine gültige Sterbeverf­ügung besitzen.

Zeit wird knapp

Während der Verhandlun­gen über das Gesetz haben ÖVP und Kirche gefordert, das weiterhin aufrechte Verbot der aktiven Sterbehilf­e – also des Tötens auf Verlangen – in den Verfassung­srang zu heben. „Das ist legistisch­er Unsinn“, erklärt hierzu Selma Yildirim, Justizspre­cherin der SPÖ. Sie fordert eine schnelle Ausfertigu­ng des Gesetzesen­twurfs, damit man ihn eindringli­ch begutachte­n könne. Die Zeit dafür sei ohnehin bereits mehr als knapp, was sie bedaure.

Wie auch die Caritas machte Yildirim am Freitag darauf aufmerksam, dass bereits vor einer gesetzlich­en Neuregelun­g des assistiert­en Suizids die Hospiz- und Palliativv­ersorgung garantiert und mit ausreichen­d finanziell­en Mitteln ausgestatt­et werden müsse. Doch genau hier gibt es ein Problem: Schon um den aktuellen Bedarf im Palliativ- und Hospizbere­ich zu decken, fehlen 138 Millionen. Gesundheit­sminister Wolfgang Mückstein (Grüne) soll derzeit darum bemüht sein, dieses Geld über eine Drittellog­ik (Bund, Länder, Sozialvers­icherung) aufzustell­en.

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Bemüht um Finanzieru­ng: Gesundheit­sminister Mückstein

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