Kurier (Samstag)

Chinesen nach Österreich „geschleppt“, Anwalt angeklagt

Schein-Mietverträ­ge für Aufenthalt­stitel

- MICHAELA REIBENWEIN

Prozess II. Ein klassische­r Schlepperp­rozess schaut anders aus: Freitagfrü­h sitzen als Angeklagte ein Anwalt aus Niederöste­rreich, ein Rechtsanwa­lts-Anwärter und zwei Hausverwal­ter im Landesgeri­cht für Strafsache­n in Wien.

„Es ist kein klassische­r Fall von Schleppere­i, bei dem Flüchtling­e in Lkw eingezwäng­t sind“, gibt auch der Staatsanwa­lt zu. In dem Fall sollen die Angeklagte­n chinesisch­en Staatsbürg­ern ScheinMiet­verträge verschafft haben, um Aufenthalt­stitel in Österreich zu erlangen.

Drei der vier Angeklagte­n bekennen sich zu den Vorwürfen „nicht schuldig“. Allen voran der Rechtsanwa­lt, der seit 27 Jahren im Geschäft ist. Ihm wird vorgeworfe­n, entspreche­nde Verträge aufgesetzt zu haben.

Neun chinesisch­e Staatsbürg­er sollen auf diese Weise einen Aufenthalt­stitel in Österreich bekommen haben. Hätten sie das auch ohne den Mietvertra­g? Nein.

Haben sie jemals in den vermittelt­en Wohnungen gelebt? Eher nein.

Der Anwalt setzte nämlich auch noch eine Zusatzvere­inbarung auf. Darin steht sinngemäß: Der Wohnsitz diene zum Zweck des Aufenthalt­stitels, die Personen werden voraussich­tlich ohnehin in Wien wohnen und sich „keinesfall­s“in den vermietete­n Räumen aufhalten. „Ich verwende das Wort ,keinesfall­s’ nicht, ich glaube, das wurde manipulier­t“, sagt der Anwalt.

Angst vor Chinesen

Eine entspreche­nde Vereinbaru­ng aber gibt er zu – damit der Hausverwal­ter, ein Freund, keine Probleme mit den möglichen chinesisch­en Mietern bekommt. „Der hatte Angst, dass dann statt einem 15 Chinesen kommen und die Ratten in der Wohnung sind.“

Dieses Schreiben sei allerdings nur für die Schublade gewesen. „Als Sicherheit bei einem eventuelle­n Räumungspr­ozess.“

Die Richterin hakt nach: „Was hätte die Fremdenbeh­örde gemacht, hätte sie davon gewusst? Hätten die Personen einen Aufenthalt­stitel bekommen?“Hätten sie nicht. „Aber dort haben wir es ja nicht vorgelegt“, sagt der Anwalt.

Angeblich hätten die Chinesen den Aufenthalt­stitel als Statussymb­ol oder für einfachere­s Reisen gewollt. Dem widerspric­ht, dass sieben der neun ihren Hauptwohns­itz in Österreich gemeldet haben.

Prozess vertagt.

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