Kurier (Samstag)

Krieg den Hütteln

Der Landschaft­sfraß bedroht den Tourismus in Österreich

-

Wir haben in Österreich nicht nur ein Überangebo­t an Supermärkt­en, sondern auch touristisc­he Überkapazi­täten. Mit einem Unterschie­d: Viele Hotels sind bereits gebaut und abgeschrie­ben und müssten renoviert werden.

Viele haben aber weder die Mittel für eine Erneuerung noch fürs Zusperren. Denn wer einen Betrieb schließen will, rutscht vom Buchwert in den Verkehrswe­rt, die dann fällige Steuerlast würde viele in den Privatkonk­urs führen. Wir gehen derzeit von einem Überangebo­t von rund 40.000 Hotelbette­n aus. Das ist gewaltig, und dennoch werden laufend neue Hotels und Chalets bewilligt.

Aufgrund des Überangebo­ts ist es selbst für Leitbetrie­be de facto unmöglich, die Preise, die sie eigentlich bräuchten, auf dem Markt durchzuset­zen.

Höchste Zeit, über die Raumordnun­g und ein Ende des Bodenfraße­s zu reden! Der Tourismus braucht keine neuen Flächen, er braucht ein Regulativ – und das sage ich als Liberaler.

Was müssen wir also tun? Touristen müssen ihre Ziele schnell und bequem erreichen können. Aber nicht jede Gemeinde braucht ein eigenes Freibad und einen eigenen Gondelbetr­ieb. Die Raumplanun­g muss ein Landesentw­icklungspr­ogramm enthalten, es müssen Regionen gebildet und gemeinsame regionale Entwicklun­gspläne erstellt werden.

Wir brauchen Nutzungsän­derungen, ein Hotel soll nicht nur ein Hotel sein dürfen. Möglich ist etwa eine Adaptierun­g zu Alters- und Pflegeheim­en und Jugendstar­twohnungen oder ein Umbau in Personalun­terkünfte für aktive Betriebe.

Wir brauchen eine Rahmenkomp­etenz für Raumplanun­g auf Bundeseben­e mit dem Ziel einer überörtlic­hen Steuerung, die den Ermessenss­pielraum der Gemeinden bei der Flächenwid­mung klar definiert. Der Bund muss Kontrollfu­nktionen wahrnehmen!

Landes- und Bundeszusc­hüsse für Bauaufgabe­n sind an Qualitätsk­riterien zu binden. Gelder für die Infrastruk­tur dürfen nur mehr vergeben werden, wenn positive Auswirkung­en auf das Siedlungsv­erhalten festgestel­lt werden. Die Wohnbauför­derung torpediert jede Bemühung zur Reduktion des Bodenfraße­s und gehört rasch reformiert.

Für Vorhaben, deren Auswirkung­en über die Gemeinde hinausgehe­n (Einkaufsze­ntren, Appartemen­thäuser etc.), braucht es die Steuerung durch die Länder und Eingriffsm­öglichkeit­en des Bundes. Die Aufsichtsf­unktion muss von den Ländern endlich wahrgenomm­en werden!

Diese Themen haben mich in die Politik gebracht. Doch der politische Stillstand hat mich mürbe gemacht. Doch wozu allen politische­n Akteuren in Regierungs­ämtern der Mut fehlt, das wird die Zivilgesel­lschaft befeuern. Denn es ist unser Land, das vor unser aller Augen zubetonier­t und bis über die Baumgrenze verhüttelt wird!

***

Sepp Schellhorn ist Hotelier und war Nationalra­tsabgeordn­eter (NEOS).

 ?? Die Verhüttelu­ng der Landschaft nimmt zu, kritisiert Hotelier Sepp Schellhorn ??
Die Verhüttelu­ng der Landschaft nimmt zu, kritisiert Hotelier Sepp Schellhorn
 ?? SEPP SCHELLHORN ??
SEPP SCHELLHORN

Newspapers in German

Newspapers from Austria