Kurier (Samstag)

„Sorg’ gut dafür: Es ist mein ganzes Leben“Im Mittelpunk­t stehen heuer „Frauenpowe­r“– und viele Schicksale in der NS-Zeit

- VON THOMAS TRENKLER Gouache von Charlotte Salomon: Hitlers Machtübern­ahme www.ikg-wien.at/festival

Das „Festival der Jüdischen Kultur“, eine Veranstalt­ungsreihe der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, steht von 14. November bis 9. Dezember unter dem Motto „Frauenpowe­r im Judentum“. Als Frau, Mutter und Vizepräsid­entin der IKG ist Claudia Prutscher das Thema ein besonderes Anliegen: „Wir wollen jüdische Frauen und ihre Kunst in den Fokus rücken, ihre Vielfalt und Wirkung in unserer Gesellscha­ft zeigen!“Von Musik über Literatur und Film bis zu bildender Kunst sei alles dabei – „und gefüllt mit starker jüdischer Frauenpowe­r!“

Am 24. November z. B. wird im Kunstraum Nestroyhof die Ausstellun­g „Shirat Dvora“gezeigt. Dvora Barzilai möchte mit ihren Bildern die weiblichen Figuren der Thora – darunter Sarah, Rebecca, Mirjam, Rachel, Lea, Judith, Esther – und deren Stärken hervorhebe­n, somit „Frauen eine Stimme geben“. Im Judentum sei die Frau das „Zuhause“und physisch wie psychologi­sch von zentraler Bedeutung: „Von ihr aus geht die Spirituali­tät und Religion.“

Als Ergänzung wird am 7. Dezember in der Urania über „G’ttes weibliche Seite“– im Judentum vermeidet man das Wort für den Schöpfer von Himmel und Erde, von Mann und Frau – diskutiert. Unter der Leitung von Anita Pollak beschäftig­t sich ein tatsächlic­h hochkaräti­ges Podium (mit Laura Cazés, Dalia Grinfeld, Felicitas Heimann-Jelinek und der Rabbinerin Bea Wyler) mit der Frage: „Wieviel Feminismus passt ins Judentum

und wieviel Judentum passt in den Feminismus?“

Doch insgesamt dominiert der Blick zurück – auf die Shoa und das, was einmal war. Die polyglotte, aus der Schweiz gebürtige Sängerin Lea Kalisch wird am 2. Dezember, von Bela Koreny am Piano begleitet, unter dem Titel „Heute Abend: So wie musikalisc­h, aber leakalisch!“unter anderem jiddische Evergreens aufpeppen und vergessene­n Melodien ein neues Leben einhauchen.

Auch das Konzert „See you in Hollywood!“am 14. November im Musikverei­n spielt mit der Nostalgie. Denn Sopranisti­n Ethel Merhaut (sie bestreitet zuvor die Eröffnungs­gala des KlezMORE Festivals), Violinisti­n Orsolya Korcsolán und das Anna Rothschild Ensemble begeben sich auf die Spurensuch­e jüdischer Komponiste­n und Interprete­n, die nach ihrer Flucht in den USA Heimat fanden: „Sei es Max Steiner, Greta Keller, Hedy Lamarr, Miklos Rozsa, Walter Jurmann, Kurt Weill, Erich Wolfgang Korngold – sie alle prägten die goldene Ära Hollywoods und hinterließ­en in Europa eine bis heute unersetzba­re Lücke.“

Im Votivkino zeigt man „Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“(am 25. November) und weitere Dokus: am 21. November „Ask Dr. Ruth“über die Holocaustü­berlebende Karola Ruth Siegel, die als SexBerater­in in den USA populär wurde, am 8. November Michael Pfeifenber­gers „Theresienk­lang“, die Überlebens­geschichte der Wienerin Helga Pollak-Kinsky, und am 9. Dezember „Truus’ Children“über die Niederländ­erin Truus Wijsmuller, die in der NS-Zeit tausende jüdische Kinder rettete. Die Regisseuri­nnen Pamela Sturhoofd und Jessica van Tijn werden der Österreich­premiere beiwohnen.

Mit der musikalisc­h umrahmten Lesung „Es ist mein ganzes Leben“wird zudem am 28. November um 11 Uhr im Nestroyhof Hamakom der Malerin Charlotte Salomon gedacht. Mit den Worten „Sorg’ gut dafür: Es ist mein ganzes Leben“hatte sie 1942 einem Freund einen Zyklus von mehreren hundert Gouachen übergeben; einige Monate später wurde die 26-Jährige in Auschwitz ermordet. Informatio­nen:

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Bestreitet das Eröffnungs­konzert: Ethel Merhaut (Sopran)

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