„Sorg’ gut dafür: Es ist mein ganzes Leben“Im Mittelpunkt stehen heuer „Frauenpower“– und viele Schicksale in der NS-Zeit
Das „Festival der Jüdischen Kultur“, eine Veranstaltungsreihe der Israelitischen Kultusgemeinde, steht von 14. November bis 9. Dezember unter dem Motto „Frauenpower im Judentum“. Als Frau, Mutter und Vizepräsidentin der IKG ist Claudia Prutscher das Thema ein besonderes Anliegen: „Wir wollen jüdische Frauen und ihre Kunst in den Fokus rücken, ihre Vielfalt und Wirkung in unserer Gesellschaft zeigen!“Von Musik über Literatur und Film bis zu bildender Kunst sei alles dabei – „und gefüllt mit starker jüdischer Frauenpower!“
Am 24. November z. B. wird im Kunstraum Nestroyhof die Ausstellung „Shirat Dvora“gezeigt. Dvora Barzilai möchte mit ihren Bildern die weiblichen Figuren der Thora – darunter Sarah, Rebecca, Mirjam, Rachel, Lea, Judith, Esther – und deren Stärken hervorheben, somit „Frauen eine Stimme geben“. Im Judentum sei die Frau das „Zuhause“und physisch wie psychologisch von zentraler Bedeutung: „Von ihr aus geht die Spiritualität und Religion.“
Als Ergänzung wird am 7. Dezember in der Urania über „G’ttes weibliche Seite“– im Judentum vermeidet man das Wort für den Schöpfer von Himmel und Erde, von Mann und Frau – diskutiert. Unter der Leitung von Anita Pollak beschäftigt sich ein tatsächlich hochkarätiges Podium (mit Laura Cazés, Dalia Grinfeld, Felicitas Heimann-Jelinek und der Rabbinerin Bea Wyler) mit der Frage: „Wieviel Feminismus passt ins Judentum
und wieviel Judentum passt in den Feminismus?“
Doch insgesamt dominiert der Blick zurück – auf die Shoa und das, was einmal war. Die polyglotte, aus der Schweiz gebürtige Sängerin Lea Kalisch wird am 2. Dezember, von Bela Koreny am Piano begleitet, unter dem Titel „Heute Abend: So wie musikalisch, aber leakalisch!“unter anderem jiddische Evergreens aufpeppen und vergessenen Melodien ein neues Leben einhauchen.
Auch das Konzert „See you in Hollywood!“am 14. November im Musikverein spielt mit der Nostalgie. Denn Sopranistin Ethel Merhaut (sie bestreitet zuvor die Eröffnungsgala des KlezMORE Festivals), Violinistin Orsolya Korcsolán und das Anna Rothschild Ensemble begeben sich auf die Spurensuche jüdischer Komponisten und Interpreten, die nach ihrer Flucht in den USA Heimat fanden: „Sei es Max Steiner, Greta Keller, Hedy Lamarr, Miklos Rozsa, Walter Jurmann, Kurt Weill, Erich Wolfgang Korngold – sie alle prägten die goldene Ära Hollywoods und hinterließen in Europa eine bis heute unersetzbare Lücke.“
Im Votivkino zeigt man „Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr“(am 25. November) und weitere Dokus: am 21. November „Ask Dr. Ruth“über die Holocaustüberlebende Karola Ruth Siegel, die als SexBeraterin in den USA populär wurde, am 8. November Michael Pfeifenbergers „Theresienklang“, die Überlebensgeschichte der Wienerin Helga Pollak-Kinsky, und am 9. Dezember „Truus’ Children“über die Niederländerin Truus Wijsmuller, die in der NS-Zeit tausende jüdische Kinder rettete. Die Regisseurinnen Pamela Sturhoofd und Jessica van Tijn werden der Österreichpremiere beiwohnen.
Mit der musikalisch umrahmten Lesung „Es ist mein ganzes Leben“wird zudem am 28. November um 11 Uhr im Nestroyhof Hamakom der Malerin Charlotte Salomon gedacht. Mit den Worten „Sorg’ gut dafür: Es ist mein ganzes Leben“hatte sie 1942 einem Freund einen Zyklus von mehreren hundert Gouachen übergeben; einige Monate später wurde die 26-Jährige in Auschwitz ermordet. Informationen: