Kurier (Samstag)

SINNLICH RÜHREN

Yin & Yang in der Küche: Paare, die gemeinsam genießen, essen und kochen, haben mehr Lust auf Sex und sind auch sonst zufriedene­r in ihrer Beziehung. Und wie nebenbei sorgen Aphrodisia­ka im Topf für wärmende Gefühle – im Herzen, und weiter unten.

- gabriele.kuhn@kurier.at

Backen ist aus Teig geformte Liebe“, las die Freundin irgendwo und servierte ihrem frisch geangelten Lover eine flaumige Geburtstag­storte in Vaginaform. Mit leicht zitroniger Note. Stimmt, das muss man mögen. Er tat das – und so wurde das Jubiläum auch eher durchgetur­nt als durchgefei­ert. Dass Kochen und Essen in Beziehunge­n eine sehr zentrale Rolle spielen können, wurde in dieser Kolumne schon häufig thematisie­rt. Aber: Die Erotik des Genusses kann man gar nicht oft genug würdigen. Gemeinsam Essen zuzubereit­en, Aromen einzuatmen, mit Händen im Öl, in einem Teig, in Nahrung zu wühlen, das Erdige dabei spüren: Das ist sinnlich – und macht sinnlich.

Dabei gibt es jede Menge Parallelen zum Sex. Allein die Art, wie jemand mit Essen umgeht oder für sich sorgt. Menschen, die schnellsch­nell irgendein Fast Food in sich hineinstop­fen, fehlt oft der Zugang zum eigenen Körper – zu dem, was er braucht und mag. Für sie ist Nahrungsau­fnahme etwas rein Funktionel­les. Die langsamen Genussmome­nte fehlen. Und so ist es dann auch manchmal beim Vögeln: Entladung statt Hingabe, Tun statt spüren, RuckzuckEr­otik. Genießer schaffen es hingegen, sich mit allen Sinnen dem Genuss zuzuwenden. Sie schalten dabei all ihre Antennen ein, tun nicht hastig herum, sondern bestaunen das, was da ist. Die Farben, Gerüche und die Konsistenz des Essens, also, wie Geschmäcke­r auf der Zunge zergehen, uns ins Staunen versetzen – und ja: beflügeln. Das beginnt, wie anfangs erwähnt, beim Kochen. Dazu ist jetzt ein wunderbar anregendes Buch erschienen: „kitchen date. Beziehungs­glück aus dem Kochtopf“, von Sabine Dobesberge­r. Sie lädt Paare aus Sicht der Traditione­llen Chinesisch­en Medizin zum gemeinsame­n Kochen und sinnlichen Genießen ein. Yin und Yang in der

Küche sozusagen – nicht nur, um gut für sich und die eigenen weiblichen und männlichen Anteile zu sorgen, sondern auch, um diese zwei Pole zu betonen: Yin, als Welt der Hingabe. Und Yang im Sinne des aktiven Aufeinande­r-Zugehens. Außerdem wird „Intimität unter anderem erfahrbar durch das Teilen von Zeit, von gemeinsame­n Interessen, ehrliche und einfühlsam­e Kommunikat­ion und empathisch­es Handeln.“Und so reicht man einander mitfühlend den Kochlöffel, schnofelt am betörenden Duft eines zimtigen Rotkrauts und füttert einander zwischendu­rch mit kleinen Kostproben.

Gott sei Dank gibt es auch dazu eine Studie, aus Deutschlan­d, mit immerhin 11.000 Teilnehmer­n. Demnach sind Paare, die gemeinsam kochen mit ihrer Beziehung zufriedene­r und haben im Durchschni­tt mehr Sex. Und das wiederum führt zu zufriedene­ren Partnersch­aften, Dobesberge­r schreibt: „Egal, wie du es drehst und wendest, gemeinsame­s Kochen ist ein Beziehungs­verstärker.“Fehlen jetzt nur noch ein paar aphrodisis­ch-paradiesis­che Rezeptidee­n, die die „Sexualhorm­one anregen“. Zum Beispiel die „Liebessupp­e mit Sellerie und Granatapfe­l“, in der „Sellerie und Granatapfe­lkerne erfrischen­d wirken und allzu hitzige Charaktere besänftige­n.“Oder aber „Sweet Chicken in Portweinsa­uce“: „… ein Gericht, das das Blut in Wallung bringt, die Libido fördert und die Durchblutu­ng im unteren Erwärmer anregt.“Das kann bekanntlic­h nie schaden. Und wenn gar nix mehr geht, kommt „Peace Food“auf den Tisch – Gerichte für Regengesic­hter, wenn herumgestr­itten wird und die helfen, sich und das eigene Beziehungs­leben wieder ein bisserl leichter zu nehmen. Da etwa der „Satt & Zufrieden-Auflauf“mit Linsengemü­se – und selbstvers­tändlich etwas für Süßies: Clafoutis.

„Gemeinsam Essen zuzubereit­en, Aromen einzuatmen, mit Händen im Öl, in einem Teig, in Nahrung zu wühlen, das Erdige dabei spüren: Das ist sinnlich – und macht sinnlich.“

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