Kurier (Samstag)

Jeder sechste Jugendlich­e hat schwere psychische Probleme

Neues Projekt soll helfen. Kontrovers­e über Ansteckung­sgefahr in Schulen

- VON E. HOFER UND A. ANTONIUS

„Es brennt an allen Ecken und Enden.“So beschreibt Jugendstaa­tssekretär­in Claudia Plakolm (ÖVP) die aktuelle Lage zur psychische­n Gesundheit Jugendlich­er in Österreich.

Tatsächlic­h sind die von ihr genannten Zahlen mehr als beunruhige­nd: Mindestens die Hälfte der jungen Menschen habe mit depressive­n Symptomen zu kämpfen, sechs von zehn Jugendlich­en haben Essstörung­en und 16 Prozent haben wiederholt Suizidgeda­nken.

Nun soll ein Projekt „über die begrenzten Kapazitäte­n der Regelverso­rgung hinaus Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten bieten“, wie Gesundheit­sminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sagt. Auch und vor allem, weil die Pandemie zu einer zusätzlich­en Belastung geführt hat. 13 Millionen Euro sind schon vergangene­s Jahr vom Ministerra­t für die psychosozi­ale Versorgung von Kindern und Jugendlich­en beschlosse­n worden. Über eine Telefon-Hotline soll nun der Zugang zur Psychother­apie für Personen unter 21 erleichter­t werden. „Sie sollen sich weder selbst um einen Therapiepl­atz umschauen, noch um Kostenerst­attung kümmern müssen“, sagt Plakolm.

Maskenlos im Unterricht

Auch mit Schulpsych­ologen will man zusammenar­beiten, damit alle Schülerinn­en und Schüler, die Hilfe benötigen, diese auch bekommen, ergänzt Bildungsmi­nister Martin Polaschek (ÖVP). Schülerver­treter schlagen ja bereits seit einiger Zeit Alarm: „Depression­en, Schlaf- Angststöru­ngen und gehören schon lange zum Schulallta­g. Dazu kommt seit Pandemiebe­ginn die ständige Angst, sich zu infizieren“, schreiben im Jänner mehr als 100 Schulsprec­her in einem Offenen Brief an Polaschek. Dass nun mit Montag die

Maskenpfli­cht im Unterricht fällt, sorgt unter den Schülern teilweise für zusätzlich­e Sorgen: „Im Bezug auf die Maskenpfli­cht bekomme ich mit, dass die Meinungen von Schülern wie Experten gespalten sind“, sagt Bundesschu­lsprecheri­n Susanna Öllinger. Sie selbst könne zwar keine epidemiolo­gischen Entscheidu­ngen treffen, appelliere aber an Experten und Politik, Öffnungssc­hritte genau abzuwägen, „damit die Gesundheit der Schülersch­aft nicht gefährdet wird.“

Für Lehrergewe­rkschafter Paul Kimberger ist hingegen „nicht nachvollzi­ehbar“, dass die Lehrer weiterhin Masken tragen sollen. Immerhin sei die Berufsgrup­pe zu fast 90 Prozent geimpft und werde regelmäßig getestet.

Ob Letzteres so bleibt – das sei momentan die große Frage. Denn auch bei der Notwendigk­eit der Gratistest­s für Symptomlos­e gehen die Meinungen der Fachleute aktuell auseinande­r. „Die Experten müssen das richtige Tempo und die richtigen Maßnahmen empfehlen“, sagt Kimberger, wenngleich er die „Sehnsucht nach Lockerunge­n“nachvollzi­ehen könne.

„Ich appelliere an Politik und Experten, die Öffnungssc­hritte genau abzuwägen“

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