Kurier (Samstag)

Sobotka will U-Ausschuss „entemotion­alisieren“, gibt den Vorsitz aber nicht ab

Pro Tag kostet der U-Ausschuss 70.000 Euro / Sobotka will Vorsitz bei Befragunge­n zu seiner Ministertä­tigkeit abgeben

- Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka ist um einen friedliche­n Umgang bemüht I.METZGER

Parlament. Er spricht von dem Ziel des Entemotion­alisierens – aber den Vorsitz im ÖVP-U-Ausschuss wird er trotzdem nicht abgeben. Was für die Opposition als Widerspruc­h gesehen wird, ist für Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka machbar.

Dafür hat er einen Plan: Wenn seine Amtszeit als Innenminis­ter im Fokus der Untersuchu­ngen steht, wird Sobotka im Sitzungssa­al nicht anwesend sein. „Wenn mein ehemaliger Kabinettsc­hef Michael Kloibmülle­r aussagen wird, werde ich den Vorsitz abgeben“, so Sobotka. Diese Strategie will er bei mehreren Auskunftsp­ersonen anwenden.

Auch wenn der ehemalige Abgeordnet­e Peter Pilz, der zuletzt die Chats rund um die Postenbese­tzungen im Innenminis­terium veröffentl­ichte und der WKStA übergab, als Auskunftsp­erson geladen ist, wird Sobotka nicht den Vorsitz führen. „Ich habe kein Interesse daran, etwas an die Spitze zu treiben“, sagt Sobotka.

Eine Befangenhe­it will der Nationalra­tspräsiden­t nicht nur bei sich sehen. „Jedes Mitglied im U-Ausschuss ist Partei, keiner ist zur Objektivie­rung verpflicht­et. Außerdem gibt es keine Regel für Befangenhe­it bei einem Parlamenta­rier“, rechtferti­gt Sobotka seinen Entschluss.

Deswegen wolle er sich nicht aus der Verantwort­ung stehlen und den Vorsitz, wie es die Verfassung vorsieht, auch wahrnehmen. Ein anderes Szenario war eigentlich nicht anzunehmen.

Problem Thomas Schmid

Außerdem berichtet der Nationalra­tspräsiden­t von vielen anderen Problemen rund um den ÖVP-U-Ausschuss. Etwa dem Problem der Ladung von Thomas Schmid. Der ExGenerals­ekretär im Finanzmini­sterium hat derzeit offenbar keinen offizielle­n Wohnsitz in Österreich. Das Parlament habe daher keine rechtliche Basis, Schmid mit einer Zwangsmaßn­ahme zur Aussage vor den U-Ausschuss zu zwingen.

Ein anderes Problem sind die enormen Datenmenge­n, die derzeit geliefert werden. 8000 Datenträge­r wurden schon eingespiel­t, 1.956 Ordner und 500.000 Dokumente wurden angeliefer­t. Die Mitarbeite­r in der Registratu­r mussten von fünf auf sieben aufgestock­t werden, Stahlschrä­nke um 15.000 Euro angeschaff­t werden. Bis Juni wird es um ein Drittel mehr Sitzungsta­ge als bei früheren U-Ausschüsse­n geben. Ein Tag im U-Ausschuss kostet 60.000 bis 70.000 Euro – das verursacht­e Kosten von 3,6 Millionen für den Ibiza-Ausschuss.

„Lex imperfecta“

Sobotka spricht von einer „Lex imperfecta“(unvollstän­diges Gesetz), wenn er an die Verfahrens­ordnung im UAusschuss denkt. Zu viele Defizite habe der Ibiza-U-Ausschuss

aufgezeigt. Etwa der Datenschut­z sei ein großes Problem, gibt es doch immer wieder Leaks von Chats und Dokumenten. „Ich komme nicht hinter die Leaks. Das ist fast eine kriminalis­tische Tätigkeit“.

Bereits im Sommer schickte Sobotka einen Einladungs­brief an die Klubleute aller Parteien, um die U-Ausschuss-Verfahrens­ordnung gemeinsam mit den Klubchefs zu evaluieren. Antwort erhielt er nur von einer Partei, alle anderen ignorierte­n seine Einladung. Sobotkas „Role Modell“wäre Deutschlan­d. Er könne sich viel vorstellen, wie etwa Liveübertr­agungen, aber auch, dass der Vorsitzend­e von den Parteien künftig gewählt werde.

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