Die Wächter des Westens
NATO. Die Osterweiterung der NATO steht im Brennpunkt des Konflikts um die Ukraine. Wie konnte sich die Allianz aus dem Kalten Krieg bis an Russlands Grenzen ausweiten? Fühlt sich Moskau zu Recht hintergangen?
Deutschlands und damit auch in dessen Aufnahme in die NATO frei.
Was aber hatte man den Sowjets dafür versprochen, um ihnen ihre Sorge, vom bisherigen Gegner, der NATO, militärisch erdrückt zu werden, zu nehmen?
Für Wladimir Putin ist das, was in Moskau am 12. September, aber auch schon in den Monaten zuvor geschah, ein „Verrat des Westens“. Der habe ein Versprechen gebrochen. Die Westmächte hätten sich die russische Zustimmung zur Deutschen Einheit quasi erschlichen. Mit einer mündlichen Zusicherung: Die NATO werde ohne Zustimmung des Kreml um keinen Zoll in den Osten vordringen. „Es war ein Fehler, dass man diese Zusicherungen gegenüber der Sowjetunion
nicht schriftlich festgehalten hat“, erinnert sich heute ein russischer Teilnehmer an die Gespräche: „Die Zusicherung, dass die NATO im Osten nicht erweitert wird.“
Wie aber erinnern sich die westlichen Verhandler an dieses mündliche Versprechen? Der damalige deutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher hatte einen solchen Plan schon Monate zuvor ausgearbeitet und auch vor hochrangigen deutschen Militärs präsentiert. Was auch immer mit dem gerade zerfallenden Warschauer Pakt – dem Militärbündnis der Sowjets und ihrer Satellitenstaaten – geschehen solle, die NATO werde sich nicht weiter nach Osten ausbreiten.
Die westlichen Verhandler seien sich darüber einig gewesen, sollte sich Genscher Jahre später erinnern, „dass nicht die Absicht besteht,dasNATO-Verteidigungsgebiet nach Osten auszudehnen. Das galt nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir uns nicht einverleiben wollen, sondern das galt ganz generell.“
James Baker, damals USAußenminister, fährt genau die gleiche Linie. Keinen Zentimeter werde sich die NATO nach Osten ausdehnen, habe er den Russen versichert, erinnert sich Jahre später ein hochrangiger US-Diplo- mat an die Gespräche im Kreml.
„Die Erweiterung der NATO nach Osten war so knapp nach der Wende einfach kein Thema“, analysiert der Historiker und Russland-Experte Stefan Karner die damalige Situation. Der
GESCHICHTE ZUM ANSCHAUEN Jeden Samstag im KURIER
Warschauer Pakt habe noch existiert, und außerdem, wie Karner betont, habe es ein über viele Jahre aufgebautes Vertrauen zwischen Russland und dem Westen in strategischen Fragen gegeben. Dieses Vertrauen sei erstindenJahrendanachverspielt worden, auch durch die dann rasch vorangetriebene NATOOsterweiterung. Seit etwa 2006 seien viele diplomatische Türen nach Moskau und zu Putin zugefallen.
„Was wir jetzt, in dieser Krise, brauchen“, analysiert der Historiker, „ist Zeit, um dieses Vertrauen wieder aufzubauen. Es ist die Grundlage, um eine neue Sicherheitsstruktur für Europa zu bauen. Das aber kann nur mit und nicht gegen Russland geschehen.“
wurde mit Öl und Gas reich. Besitzt den FC Chelsea und ein Anwesen bei Kensington Palace um 150 Mio Euro, derzeit aber selten in London. 118 Milliarden Euro
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