Kurier (Samstag)

Auf und Ab: Gegenläufi­ge Kräfte halten Ölpreis volatil Rohstoff.

Viele Faktoren beeinfluss­en den Preis: Ukraine, Iran, US-Fracking

- VON MICHAEL BACHNER

In der zu Ende gehenden Woche machten der Ölpreis und sein scheinbar unaufhalts­amer Anstieg angesichts der Russland-Ukraine-Krise wieder einmal Schlagzeil­en. Zu Recht, der Preis bewegte sich Schritt für Schritt in Richtung 100 Dollar. Und das gibt in Zeiten einer ohnehin hohen, von Rohöl- und Energiepre­isen angetriebe­nen Teuerung, klarerweis­e Anlass zur Sorge.

Ein Einmarsch russischer Truppen hätte zweifelsoh­ne das Potenzial für einen regelrecht­en Ölpreissch­ock. Darauf wies neben anderen der deutsche Top-Ökonom und Präsident des Wirtschaft­sforschung­sinstituts Ifo, Clemens Fuest, hin. Es ist zwar 14 Jahre her, aber der Ölpreis lag auch schon einmal bei über 140 Dollar je Fass.

Nun, zwischenze­itlich war das Gegenteil der Fall und das Hoch vom Montag, als ein Fass der für Europa maßgeblich­en Nordseesor­te Brent bei 96,48 US-Dollar notierte, rückte am Freitag in weitere Ferne. Ein Fass zu 159 Liter kostete mit rund 91,1 US-Dollar um bis zu 1,9 Prozent weniger als am Vortag. Doch dann wendete sich das Blatt als am Freitagnac­hmittag die Nachrichte­n über die Kampfhandl­ungen aus der Ostukraine eintrafen. Um 20:30 Uhr kostet ein Fass Brent wieder 93,5 Dollar.

Wie geht es jetzt weiter? Das ist selbst für Experten wie Johannes Benigni vom Rohstoff-Berater JBC Energy schwer zu sagen. Denn an den Märkten gibt es gegenläufi­ge Kräfte, die den Preis volatil halten. Momentan gibt es dennoch zwei, drei Entwicklun­gen, die – bei aller Vorsicht

– für ein Nachlassen der Ölpreise sprechen würden.

Ukraine

Entspannun­gssignale zwischen Russland und der Ukraine haben zunächst Druck aus dem Markt genommen. Dazu zählt vor allem das Treffen zwischen US-Außenminis­ter Blinken und seinem russischen Amtskolleg­en Lawrow in der kommenden Woche. Gleichzeit­ig bleibt die Nervosität enorm hoch, wie die Nachrichte­n aus der Ostukraine zeigten.

Iran

Auch die Anzeichen für ein neues Atomabkomm­en mit dem Iran haben zum Rückgang des Ölpreises beigetrage­n. Sollten mit dem Abkommen US-Sanktionen fallen, könnte der Iran wieder Öl exportiere­n und ein zusätzlich­es Volumen von 1,0 bis 1,5 Millionen Fass käme auf den Markt. Das höhere Angebot müsste den Preis drücken, so Benigni. Auch sei absehbar, dass die USA ihre Schieferöl-Produktion („Fracking“) wieder deutlich ausweiten (plus 800.000 Fass zusätzlich). Auch das erhöhe das Angebot und drücke tendenziel­l den Preis. Konflikte

Die Nervosität wegen der geopolitis­chen Konflikte von der Ukraine bis zum Jemen sorge anderersei­ts für ein prinzipiel­l höheres Preisnivea­u. Ohne die Spannungen läge der Ölpreis zwischen 70 und 80 Dollar, schätzt der Ölexperte. „Der Markt kann leicht nach oben gereizt werden“, lautet Benignis Resümee. Man muss kein Prophet sein: Eine neuerliche Verschärfu­ng der Lage zwischen Moskau und Kiew bzw. den NATO-Verbündete­n und die Ölpreise kennen kein Halten mehr.

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