Österreichs Curler hoffen auf ein Ende der Stein-Zeit
Lokalaugenschein beim Training der Nachwuchs-Curler in Kitzbühel
Tirol. David Zott trägt Brille, die rot-schwarze Jacke des Österreichischen Curling Verbandes (ÖCV) und einen flotten Spruch auf den Lippen: „Zum Aufwärmen hören wir schon einmal den Ski-Twist von Hansi Hinterseer – immerhin regional“, sagt er mit einem Schmunzeln, nachdem er zwei Stunden auf dem gepebbelten Eis gestanden ist und gewischt hat. Zott ist 18 Jahre alt, Curler – und stolz darauf. So wie die sieben anderen Burschen und Mädels zwischen 15 und 20, die heute hier mit ihm trainieren.
„Ihr könnt gut wischen, dann putzt doch bitte einmal bei uns zu Hause“, so etwas hört man als Nachwuchs-Curler nicht selten. Das muss man erst einmal wegstecken können. Wenn bei einem internationalen Turnier ein gutes Ergebnis erspielt wird, geht das leichter. Wie jüngst der zweite Platz bei der Junior Star League Tour in Deutschland und Tschechien.
Curling ist während Olympia in vieler Munde. Jeden Tag wurde im Pekinger Aquatics Center gecurlt. Das gesamte restliche Jahr ist der Sport eine Randerscheinung – zumindest in Österreich.
Der österreichische Bundestrainer Björn Schröder ist Schweizer und war selbst erfolgreicher Curler. Er hat mehrere Medaillen zu Hause, unter anderem WM-Gold aus dem Jahr 1992. „Olympia fehlt“, sagt er ein bisschen wehmütig. Derzeit pendelt
Schröder aus dem Schweizer Thun, wo er Lehrer ist, nach Kitzbühel, um die österreichischen Curlingteams zu trainieren, auch den Nachwuchs. Momentan kommen fast alle Nachwuchs-Curler aus Kitzbühel, weil dort die einzige Halle steht, die speziell für den Curlingsport erbaut wurde. In Steyr ist eine Halle in Planung. Drei- bis viermal pro Woche trainieren die Jugendlichen. Neben der Schule ist das auf Distanz kaum möglich.
Entwicklungshilfe
In Schröders Heimatland ist man mit dem Curling schon etwas weiter. Dort stehen 50 Curling-Hallen, im Umkreis von 25 Kilometern kann jeder Schweizer eine finden, sagt der Trainer. Zusammen mit dem ÖCV möchte er den Curlingsport bekannter machen und die Begeisterung nach außen tragen, mit der nicht nur der Nachwuchs trainiert.
Die großen Curling-Nationen gaben sich nun vor großem (TV-)Publikum bei den Olympischen Spielen die Ehre. Bronzemedaillengewinner Kanada konnte mit 1,5 Millionen Curlern landesweit aus mehreren Elitemannschaften die beste zu den Spielen schicken. Das Gründerland des Curlingsports, Schottland (dessen Team für Großbritannien ins Finale gekommen ist) und die Schweiz haben immerhin je 10.000 Curler, Finalist Schweden um die 5.000.
In ganz Österreich curlen nur rund 320 Menschen – vom Nachwuchs bis zu den Senioren. „Man braucht eine breite Masse, damit eine gute Spitze entsteht“, sagt Schröder. Curling braucht Herzblut und Ausdauer. Wer in Österreich curlt, der macht das neben Job oder Schule und Studium. „Wir versuchen gerade, Strukturen aufzuziehen, um das zumindest semiprofessionell machen zu können“, sagt der Bundestrainer und denkt etwa an den Heeressport. Doch die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen.
Den Traum von Olympia hat Björn Schröder noch nicht abgeschrieben. Er blickt auf den Nachwuchs, der gerade in der kleinen Halle in Kitzbühel übers Eis gleitet und wischt. „Wir haben die Idee, in vier Jahren ein Auge auf Olympia zu werfen“, sagt er. „Und wenn nicht in vier Jahren, dann in acht …“