Kurier (Samstag)

Mein Samstag

- VON CHRISTOPH SCHWARZ christoph.schwarz@kurier.at

Die widerspens­tige Fleischhau­erin und der Wadschinke­n – ein Schmorgeri­cht-Dramolett Fleisch-Streit. Unlängst hatte Ihr Kolumnist einen Disput mit der Fleischhau­erin seines Vertrauens. Er wollte ein Boeuf bourguigno­n

(also einen französisc­hen Rinderschm­ortopf mit Rotwein und Pilzen) zubereiten – und kam mit ausgeprägt­er Meinung zum Fleischhau­er: Er wolle ein schön marmoriert­es Stück Fleisch, aber ohne große Sehnen und üble Flachsen, die möge er nämlich auch beim Gulasch nicht, das er deshalb gerne mit Beiried oder Rostbraten zubereitet, erklärte er coram publico.

Die Fleischhau­erin blickte ihn für einen langen Moment an. Er brauche Wadschinke­n, korrigiert­e sie. Der sei zwar flachsig, sorge beim langen Schmoren aber für das „Sulzige“, das das Gericht erst gut mache. Ihr Kolumnist zeigte Gegenwehr: Genau das

wolle er nicht. Die Fleischhau­erin lauschte seinen Argumenten, nickte geduldig – und schlug dann allerlei andere Stücke vom Rind vor, aber nicht ohne deren Nachteile zu betonen. („Das könnte trocken werden. Und das zerfällt, wenn Sie es zu lange schmoren.“)

„Ich habe eine Idee“, meinte sie dann. Endlich der erhoffte Kompromiss! „Sie nehmen Wadschinke­n. Den wollen Sie zwar nicht, aber den brauchen Sie.“Ihr Kolumnist knickte – auch wegen der Schlange, die sich hinter ihm gebildet hatte – ein. „Wenn es nicht gut wird“, rief er beim Verlassen etwas unhöflich und zu laut durchs Geschäft, „sind Sie schuld“. Er ging zerknirsch­t nach Hause, putzte schimpfend das Fleisch zu, legte es verärgert in Wein und Gewürzen ein, briet es voller Unmut an und schmorte es skeptisch.

Es wurde, das sei Ihnen gesagt, das vielleicht beste Boeuf bourguigno­n, das je außerhalb Burgunds serviert wurde.

Tage später war er zurück bei der Fleischhau­erin, die die unvermeidb­are Frage stellte: „Hat’s geschmeckt?“Der Kolumnist brach zusammen, gestand sein Unrecht und lobte den Wadschinke­n. Sie meinte mit sanfter Stimme: „Liegt wahrschein­lich daran, dass Sie ihn sehr, sehr gut zubereitet haben.“So geht wahrer Großmut.

Die Moral von der Geschicht’: Was man will, braucht man oft nicht. Und: Legen Sie sich nie mit der Fleischhau­erin an.

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