Mein Samstag
Die widerspenstige Fleischhauerin und der Wadschinken – ein Schmorgericht-Dramolett Fleisch-Streit. Unlängst hatte Ihr Kolumnist einen Disput mit der Fleischhauerin seines Vertrauens. Er wollte ein Boeuf bourguignon
(also einen französischen Rinderschmortopf mit Rotwein und Pilzen) zubereiten – und kam mit ausgeprägter Meinung zum Fleischhauer: Er wolle ein schön marmoriertes Stück Fleisch, aber ohne große Sehnen und üble Flachsen, die möge er nämlich auch beim Gulasch nicht, das er deshalb gerne mit Beiried oder Rostbraten zubereitet, erklärte er coram publico.
Die Fleischhauerin blickte ihn für einen langen Moment an. Er brauche Wadschinken, korrigierte sie. Der sei zwar flachsig, sorge beim langen Schmoren aber für das „Sulzige“, das das Gericht erst gut mache. Ihr Kolumnist zeigte Gegenwehr: Genau das
wolle er nicht. Die Fleischhauerin lauschte seinen Argumenten, nickte geduldig – und schlug dann allerlei andere Stücke vom Rind vor, aber nicht ohne deren Nachteile zu betonen. („Das könnte trocken werden. Und das zerfällt, wenn Sie es zu lange schmoren.“)
„Ich habe eine Idee“, meinte sie dann. Endlich der erhoffte Kompromiss! „Sie nehmen Wadschinken. Den wollen Sie zwar nicht, aber den brauchen Sie.“Ihr Kolumnist knickte – auch wegen der Schlange, die sich hinter ihm gebildet hatte – ein. „Wenn es nicht gut wird“, rief er beim Verlassen etwas unhöflich und zu laut durchs Geschäft, „sind Sie schuld“. Er ging zerknirscht nach Hause, putzte schimpfend das Fleisch zu, legte es verärgert in Wein und Gewürzen ein, briet es voller Unmut an und schmorte es skeptisch.
Es wurde, das sei Ihnen gesagt, das vielleicht beste Boeuf bourguignon, das je außerhalb Burgunds serviert wurde.
Tage später war er zurück bei der Fleischhauerin, die die unvermeidbare Frage stellte: „Hat’s geschmeckt?“Der Kolumnist brach zusammen, gestand sein Unrecht und lobte den Wadschinken. Sie meinte mit sanfter Stimme: „Liegt wahrscheinlich daran, dass Sie ihn sehr, sehr gut zubereitet haben.“So geht wahrer Großmut.
Die Moral von der Geschicht’: Was man will, braucht man oft nicht. Und: Legen Sie sich nie mit der Fleischhauerin an.