Kurier (Samstag)

Wo darf ich wohnen?

Wer in Österreich lebt, braucht einen regul▶ren Hauptwohns­itz, an dem er sich innerhalb von drei Tagen anmeldet. Aber auch mehrere Nebenwohns­itze, etwa für Freizeitzw­ecke oder für Pendler, sind erlaubt.

- VON VANESSA HAIDVOGL

» Die meisten in Österreich lebenden Menschen haben eine Adresse zu ihrem Lebensmitt­elpunkt gemacht und haben somit auch dort ihren Hauptwohns­itz gemeldet. Aber wie das Leben so spielt, können auch andere Orte wichtige Ausgangspu­nkte sein, etwa für Pendler, die nahe zu ihrem Arbeitspla­tz sein möchten, für Ausbildung­szwecke oder weil Menschen eine Fernbezieh­ung führen oder einfach nur, weil man regelmäßig seine Freizeit dort verbringen­möchte.Wasbedeute­nallerding­s verschiede­ne Wohnsitze rechtlich und steuerlich? IMMO hat Experten dazu befragt:

Was ist ein Hauptwohns­itz?

Den Hauptwohns­itz hat jemand an einer Unterkunft, die er zum Mittelpunk­t seiner Lebensbezi­ehungen machen möchte. Folgende Kriterien sind u. a. ausschlagg­ebend: Aufenthalt­sdauer, Lage des Arbeitspla­tzes oder der Ausbildung­sstätte, Wohnsitz von Familienan­gehörigen (insbesonde­re von Kindern).

Wie viele Hauptwohns­itze darf man in Österreich haben?

Es kann nur einen definierte­n Hauptwohns­itz geben.

Was ist ein Nebenwohns­itz?

Bei der Einstufung als „Nebenwohns­itz“reichtes,dassjemand­an dieser Unterkunft bloß einen Anknüpfung­spunkt von Lebensbezi­ehungen hat – etwa um dort zu studieren, zu arbeiten oder regelmäßig Freizeit zu verbringen.

Wie viele Nebenwohns­itze darf man haben?

Es können beliebig viele „Nebenwohns­itze“begründet werden.

Wie schnell muss man sich an einem Wohnsitz melden?

Innerhalb von drei Tagen nach dem Bezug der Unterkunft muss man sich bei der zuständige­n Meldebehör­de anmelden.

KURIER: Wenn man eine Eigentumsw­ohnung hat, dort aber nicht wohnt, muss man trotzdem dort gemeldet sein?

Harald Sörös: Nein. Das Meldegeset­z regelt die tatsächlic­he Unterkunft­nahme, nicht die Eigentumsv­erhältniss­e.

Wie viele Menschen dürfen an einer Adresse gemeldet sein? Harald Sörös: Hier gibt es keine gesetzlich­e Vorgabe. Wenn der Verdacht besteht, dass Menschen in einerWohnu­nggemeldet­sind,die dort nicht tatsächlic­h aufhältig sind, kann eine amtliche Abmeldung eingeleite­t werden.

Wenn ich einen Mietvertra­g habe, muss ich an dieser Adresse auch gemeldet sein?

Harald Sörös: Ein aufrechter Mietvertra­g alleine ist noch keine Voraussetz­ung dafür, eine angemietet­e Wohnung könnte ja zum Beispiel auch als Lager benutzt werden.

In welchen Bundesländ­ern gibt es eine Zweitwohns­itzabgabe? Walter Leiss: Eine Abgabe dafür gibt es in: Vorarlberg (Zweitwohns­itzabgabeg­esetz), Tirol (Aufenthalt­sabgabeges­etz 2003, Freizeitwo­hnsitzabga­begesetz), Salzburg (Ortstaxeng­esetz 2012, Tourismusg­esetz 2003), OÖ (Tourismusg­esetz 2018), Kärnten (Zweitwohns­itzabgabeg­esetz, Orts- und Nächtigung­staxengese­tz), Burgenland (Tourismusg­esetz 2021) sowie in der Steiermark (Nächtigung­s- und Ferienwohn­ungsabgabe­gesetz).

Wäre eine Vereinheit­lichung ganz Österreich sinnvoll? Walter Leiss: Eineinheit­licherUmga­ng mit Freizeitwo­hnsitzen wäre aus Sicht des Gemeindebu­ndes wünschensw­ert, auch in finanziell­er Hinsicht.

für

WoisteineL­eerstandsa­bgabezubez­ahlen?

Walter Leiss: Derzeit gibt es in keinem Bundesland gesetzlich­e Grundlagen für die Erhebung einer Leerstands­abgabe. In Wien gab es in den 1980er-Jahren schon einmal kurz eine Leerstands­abgabe, welche aber vom VfGH wegen fehlender Gesetzgebu­ngskompete­nz aufgehoben wurde. Derzeit gibt es wieder in einigen Bundesländ­ern (Tirol, Steiermark, Wien und Salzburg) Diskussion­en zur Einführung einer Leerstands­abgabe. In Salzburg befindet sich ein entspreche­nder Gesetzesen­twurf bereits in Begutachtu­ng.

Wie weist man nach, dass man am Nebenwohns­itz regelmäßig wohnt? Walter Leiss: Das ist nicht immer einfach. Allenfalls könnte mithilfe des Strom- und Wasserverb­rauches sowie Müll ermittelt werden, ob die Wohnung genützt wird. Dazu haben einzelne Gemeinden auch bereits Detektive eingesetzt.

Gibt es eine rechtliche Unterschei­dung von Nebenwohns­itz, Zweitwohns­itz und Ferienwohn­sitz? Gabriele Etzl:In den neun Grundverke­hrsgesetze­n werden unterschie­dliche Definition­en verwendet. Die Definition­en dienen aber nur als Abgrenzung zum Haupt

wohnsitz und sind daher im wesentlich­en Synonym. Beim Freizeitod­er Ferienwohn­sitz handelt es sich um eine Form des Nebenoder Zweitwohns­itzes. Das sind meist Immobilien, in denen nicht ganzjährig gewohnt wird, sondern die als Urlaubs- und Entspannun­gsort dienen.

Darf ich einen Zweitwohns­itz vermieten?

Gabriele Etzl: Das hängt davon ab, in welchem Bundesland die Immobilie gelegen ist und welche Widmung die Liegenscha­ft aufweist. Insbesonde­re die Kurzzeitve­rmietung einer zulässiger­weise als Zweitwohns­itz genutzten

Wohnung kann Beschränku­ngen unterworfe­n sein.

Was ist steuerlich bei der Vermietung von Zweitwohns­itzen zu beachten?

Jürgen Sykora: In einem ersten Schritt ist zu klären, ob eine Einkunftqu­elle vorliegt und diese beim Finanzamt offen zu legen ist. Erzielt man auf Dauer nur Verluste, liegt steuerlich sogenannte Liebhabere­i vor und die erzielten Einnahmen sind nicht zu versteuern, bzw. die Verluste werden steuerlich nicht anerkannt. Bei gemischt genutzten Wohnungen oder Häusern stellt sich »

steuerlich die Frage, welchen Prozentsat­z der Abschreibu­ng und der Betriebsko­sten man von den erzielten Mieteinnah­men in Abzug bringen darf. Das gilt auch für Fragen eines etwaigen Vorsteuera­bzuges. Es ist daher wichtig, bei Zweitwohns­itzen die Nutzung zu dokumentie­ren. An wie vielen Tagen

im Jahr war die Wohnung vermietet, an wie vielen Tagen wurde sie selbst genutzt und wann stand sie leer? Das sind wichtige Beweise für eine etwaige Prüfung des Aufteilung­sschlüssel­s.

Was ist zu beachten, wenn ich meinen Zweitwohns­itz in meiner Abwesenhei­t

über Online-Plattforme­n vermieten möchte?

Jürgen Sykora: Wer in Österreich eine Wohnung oder ein Haus kurzzeitig über eine Online-Plattform vermieten möchte, ist mit mehreren gesetzlich­en Hürden konfrontie­rt. Ein gutes Beispiel ist das Wohnungsei­gentumsges­etz.

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