Kurier (Samstag)

Wie die Ukraine versucht, sich aus der Energieabh­ängigkeit Russlands zu lösen

Gemeinsame­s Stromnetz Europas mit der Ukraine birgt Risiken

- THOMAS PRESSBERGE­R

Strominsel. 15 aktive Reaktorblö­cke besitzt die Ukraine an vier Standorten. Dennoch ist die Ukraine beim Thema Energie stark von Russland abhängig. Das Land importiert nicht nur Kohle und Gas, sondern auch Nuklearbre­nnstäbe für die Atomkraftw­erke. Kiew versucht seit Jahren, diese Abhängigke­it – und somit Erpressbar­keit – zu reduzieren.

Die Ukraine soll deswegen aus dem russischen Stromnetz herausgelö­st und in das europäisch­e Stromnetz integriert werden. Das setzt aber Vorbereitu­ngen auf allen Seiten voraus. In einem Test wurde die Verbindung des ukrainisch­en zum russischen Stromnetz unterbroch­en. Die Abtrennung war zunächst nur vorübergeh­end geplant, soll nun laut dem ukrainisch­en Energiemin­isterium aber dauerhaft sein. Der Netzbetrei­ber Ukrenergo vermeldete, dass das ukrainisch­e Stromnetz derzeit autonom und ohne Importe funktionie­re.

Mit dem europäisch­en Stromnetz ist bisher nur ein kleiner Bereich, die „Strominsel Burschtyn“, an der westlichen Grenze der Ukraine verbunden. EU-Energiekom­missarin Kadri Simson hat am vergangene­n Sonntag bekräftigt, dass die Ukraine „so schnell wie möglich“in das europäisch­e Netz integriert werden soll. Ein massiver Stromausfa­ll in der Ukraine oder das Abschalten eines ukrainisch­en Atomkraftw­erks hätte derzeit aber noch keine Auswirkung­en auf das Europäisch­e StromVerbu­ndsystem, da die Ukraine eben noch nicht mit dem europäisch­en Stromnetz verbunden ist, heißt es vom Pressespre­cher des österreich­ischen Übertragun­gsnetzbetr­eibers APG, Christoph Schuh.

Gefahr der Instabilit­ät

Aufgrund des russischen Angriffs hat sich die Ukraine vom russischen und belarussis­chen Stromnetz abgekoppel­t. Derzeit betreibt die Ukraine einen Strom-„Inselbetri­eb“gemeinsam mit Moldawien. Der Anschluss der Ukraine an das europäisch­e Stromnetz wäre aber auch mit Risiken verbunden. Nicht umsonst gibt es für die Sicherheit im europäisch­en Netz viele Tausend Seiten Regelwerk. Rein technisch ist der Notanschlu­ss zu stemmen, er würde das ukrainisch­e Netz stabilisie­ren, sagen Experten. Aber man müsste immer eine Hand am Schalter haben. Würde das Netz in der Ukraine zusammenbr­echen, müsste man sie so schnell wie möglich abnabeln. Sonst könnte ein Blackout in Europa folgen.

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