Der Sozial(arbeiter)minister
Pandemie. Er ist der dritte Gesundheitsminister in der Corona-Pandemie und wollte eigentlich nie nach Wien. Jetzt versucht Johannes Rauch einen Balance-Akt. Er war bisher für die Impfpflicht
Johannes Rauch will nicht davon reden, dass er sich seinen neuen Job „antut“. Er will mit „ganzem Herzen und voller Kraft“Gesundheitsminister sein, sagt er am Freitag.
Kurz zuvor haben die Grünen den 62-Jährigen einstimmig als Nachfolger von Wolfgang Mückstein bestätigt.
Die Frage mit dem „antun“ist nicht so weit hergeholt. Immerhin befindet man sich immer noch in einer Pandemie. Und außerdem hat der Vorarlberger einen Job in der Bundespolitik bisher für nicht sonderlich begehrenswert gehalten. Nach dem Rücktritt des ersten grünen Gesundheitsministers in dieser Pandemie, Rudolf Anschober, hat Rauch noch davon gesprochen, „welchen Preis man gesundheitlich in der Bundespolitik bezahlen muss“.
Heute sieht Rauch die Sache anders: Es sei an der Zeit, in schwierigen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Und deshalb tauscht er den Bodensee jetzt gegen den Wiener Stubenring – kommende Woche wird er vom Bundespräsidenten angelobt.
Welchen Kurs aber wird Rauch in Sachen Pandemiebekämpfung fahren? Wie legt er sein Amt an? Und wo wird er die ersten Schwerpunkte setzen?
Grundsätzlich verfolgt auch der neue grüne Minister bei der Pandemie das in den vergangenen Jahren gepredigte Credo der Bundesregierung: „So viele Maßnahmen wie nötig – aber so wenige wie möglich.“Die Kunst sei, die Balance zwischen Sicherheit und Verantwortung zu finden. Die Entscheidungen der Politik sollen vor allem in Sachen Corona auf dem Wissen und der Einschätzung der Experten getroffen werden. Und die Entscheidungen müssten „nachvollziehbar und transparent“sein, sagt Rauch. Nur so würde die Bevölkerung sie auch mittragen.
Und auch wenn er inhaltlich vor seiner Angelobung nicht viel mehr sagen möchte, macht er eines klar: Er wird auch nach der Öffnung am Samstag überall dort Maske tragen, wo es geht. Das sei das kleinste Übel.
Kampf gegen Armut
Außerdem setzt Rauch bei der Corona-Politik auf eine intensivere Zusammenarbeit mit den Oppositionsparteien – zumindest mit jenen, die sich in den vergangenen Monaten für die Pandemiebekämpfung engagiert hätten. Zur SPÖ hat Rauch insofern einen guten Draht, als seine Ehefrau SPÖ-Chefin in Vorarlberg ist.
Anders als Vorgänger Mückstein kommt Rauch aus dem Sozial- nicht dem Gesundheitsbereich. Auch deshalb sieht der ehemalige Sozialarbeiter die Armutsbekämpfung als eine seiner zentralen Aufgaben. Bei der Gewalt gegen Frauen, „die in Österreich derart aggressiv an der Tagesordnung ist“, wolle er nicht wegschauen, sagt Rauch.
Und dann ist da noch die Riesenbaustelle Pflege: Hier nehme er die „dramatische Situation“sehr ernst und möchte möglichst rasch Maßnahmen setzen, die Entlastung für die Beschäftigten und die pflegenden Angehörigen bringen.