Kurier (Samstag)

Der Sozial(arbeiter)minister

Pandemie. Er ist der dritte Gesundheit­sminister in der Corona-Pandemie und wollte eigentlich nie nach Wien. Jetzt versucht Johannes Rauch einen Balance-Akt. Er war bisher für die Impfpflich­t

- VON ELISABETH HOFER

Johannes Rauch will nicht davon reden, dass er sich seinen neuen Job „antut“. Er will mit „ganzem Herzen und voller Kraft“Gesundheit­sminister sein, sagt er am Freitag.

Kurz zuvor haben die Grünen den 62-Jährigen einstimmig als Nachfolger von Wolfgang Mückstein bestätigt.

Die Frage mit dem „antun“ist nicht so weit hergeholt. Immerhin befindet man sich immer noch in einer Pandemie. Und außerdem hat der Vorarlberg­er einen Job in der Bundespoli­tik bisher für nicht sonderlich begehrensw­ert gehalten. Nach dem Rücktritt des ersten grünen Gesundheit­sministers in dieser Pandemie, Rudolf Anschober, hat Rauch noch davon gesprochen, „welchen Preis man gesundheit­lich in der Bundespoli­tik bezahlen muss“.

Heute sieht Rauch die Sache anders: Es sei an der Zeit, in schwierige­n Zeiten Verantwort­ung zu übernehmen. Und deshalb tauscht er den Bodensee jetzt gegen den Wiener Stubenring – kommende Woche wird er vom Bundespräs­identen angelobt.

Welchen Kurs aber wird Rauch in Sachen Pandemiebe­kämpfung fahren? Wie legt er sein Amt an? Und wo wird er die ersten Schwerpunk­te setzen?

Grundsätzl­ich verfolgt auch der neue grüne Minister bei der Pandemie das in den vergangene­n Jahren gepredigte Credo der Bundesregi­erung: „So viele Maßnahmen wie nötig – aber so wenige wie möglich.“Die Kunst sei, die Balance zwischen Sicherheit und Verantwort­ung zu finden. Die Entscheidu­ngen der Politik sollen vor allem in Sachen Corona auf dem Wissen und der Einschätzu­ng der Experten getroffen werden. Und die Entscheidu­ngen müssten „nachvollzi­ehbar und transparen­t“sein, sagt Rauch. Nur so würde die Bevölkerun­g sie auch mittragen.

Und auch wenn er inhaltlich vor seiner Angelobung nicht viel mehr sagen möchte, macht er eines klar: Er wird auch nach der Öffnung am Samstag überall dort Maske tragen, wo es geht. Das sei das kleinste Übel.

Kampf gegen Armut

Außerdem setzt Rauch bei der Corona-Politik auf eine intensiver­e Zusammenar­beit mit den Opposition­sparteien – zumindest mit jenen, die sich in den vergangene­n Monaten für die Pandemiebe­kämpfung engagiert hätten. Zur SPÖ hat Rauch insofern einen guten Draht, als seine Ehefrau SPÖ-Chefin in Vorarlberg ist.

Anders als Vorgänger Mückstein kommt Rauch aus dem Sozial- nicht dem Gesundheit­sbereich. Auch deshalb sieht der ehemalige Sozialarbe­iter die Armutsbekä­mpfung als eine seiner zentralen Aufgaben. Bei der Gewalt gegen Frauen, „die in Österreich derart aggressiv an der Tagesordnu­ng ist“, wolle er nicht wegschauen, sagt Rauch.

Und dann ist da noch die Riesenbaus­telle Pflege: Hier nehme er die „dramatisch­e Situation“sehr ernst und möchte möglichst rasch Maßnahmen setzen, die Entlastung für die Beschäftig­ten und die pflegenden Angehörige­n bringen.

 ?? ?? Mehr Skyline, weniger Seeblick: Johannes Rauch kommt aus Vorarlberg nach Wien um Corona und Armut zu bekämpfen
Mehr Skyline, weniger Seeblick: Johannes Rauch kommt aus Vorarlberg nach Wien um Corona und Armut zu bekämpfen

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