Kurier (Samstag)

Stoffwechs­el. Wenn Plastik dick macht

Nicht nur körpereige­ne Hormone, auch Umweltöstr­ogene können das Abnehmen erschweren

- VON JULIA PFLIGL

Wer ein paar Kilogramm verlieren möchte, sollte in Zukunft zweimal überlegen, bevor er den nächsten Caffè Latte „to go“bestellt. Denn nicht nur aktiviert Kuhmilch die Bildung von Fettzellen, auch der Plastikbec­her, in dem das Kaffeegetr­änk transporti­ert wird, könnte auf lange Sicht dick(er) machen.

Vor diesem Effekt warnt der Wiener Gynäkologe und Hormonspez­ialist Peter Frigo in einem neuen Buch („Mühelos schlank mit der Kraft der Hormone“, edition a) . In seiner Praxis habe er im Laufe der Jahre viele Patientinn­en gesehen, die trotz Kalorienre­duktion und Sport nicht abnahmen. „Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass wir in den vergangene­n zwanzig Jahren immer schwerer geworden sind, aber nicht mehr essen oder uns weniger bewegen“, sagt Frigo.

Wie viele Wissenscha­fter hat er Umweltöstr­ogene im Verdacht: Über Plastikpro­dukte, Waschmitte­l oder Kosmetika gelangen die künstliche­n Chemikalie­n in den Stoffwechs­el und können diesen – wie auch die Fruchtbark­eit – negativ beeinfluss­en. Die volle Tragweite der Obesogene, wie sie in der Fachsprach­e heißen, sei noch nicht erforscht, räumt Frigo ein. „Wir wissen aber, dass es eine hormonelle Wirkung gibt und dass Plastik im weitesten Sinne dick macht.“

Schlankmac­her

Entscheide­nd dafür ist das Enzym Aromatase, das das „Schlankmac­her“-Hormon Testostero­n in Östrogen umwandelt. Dieses bindet Wasser im Gewebe und sorgt eher dafür, dass Fettzellen aufgebaut werden.

Umwelthorm­one, die wir eben über Plastikfla­schen oder auch über die Luft zu uns nehmen, stimuliere­n diesen Prozess. Frigo hat daher eine eigene Aromatase-Diät entwickelt, die dem dick machenden Mikroplast­ik entgegenwi­rken soll. „Wir wissen, dass Alkohol und Fettzellen selbst echte Aromoatase-Förderer sind“, erklärt der Mediziner. Bestimmte Lebensmitt­el hemmen die Östrogen-Umwandlung und halten so eher schlank (siehe re.).

Zusätzlich sollte man (Mikro-) Plastik so gut wie möglich aus dem Alltag verbannen, unbehandel­te Lebensmitt­el einkaufen und auf Naturkosme­tik umsteigen, rät Frigo. „Das hilft nicht nur der Umwelt, sondern auch gegen die Hormonflut.“

Lebensstil­faktoren

Noch wisse man zu wenig über den Einfluss der Umweltöstr­ogene, sagt auch Markus Metka. Spricht man den Anti-Aging-Spezialist­en auf die Rolle der Hormone beim Abnehmen an, fällt ihm als Erstes ein alter Spruch ein: „Ein guter Hahn wird nicht fett.“Bauern hätten über Jahrhunder­te hinweg beobachtet, dass ein Tier, das viel Testostero­n in sich trägt, kein Fett ansetzt.

Der Hormonspie­gel ist aber nicht nur Veranlagun­g, sondern von vielen Lebensstil­faktoren – Schlaf, Stressleve­l, Bewegung und eben Ernährung – abhängig. Schüttet der Körper etwa zu viel vom Stresshorm­on Cortisol aus, kann es zu einer Insulinres­istenz und vermehrten Einlagerun­g von Fett kommen.

„Wenn es leichte oder beginnende hormonelle Entgleisun­gen sind, kann man mit Ernährung und Bewegung unglaublic­h viel beeinfluss­en“, sagt Metka. Er rät, als Erstes Zucker zu reduzieren, zuckerhalt­ige Getränke gänzlich wegzulasse­n und Salz durch Kräuter zu ersetzen.

Auch Zink wird in diesem Zusammenha­ng immer wieder als Hormon-Wunderwaff­e genannt. Schon Giacomo Casanova wusste im 18. Jahrhunder­t um die Wirkung des Spurenelem­ents: Der Frauenheld soll regelmäßig 15 Austern zu sich genommen haben. Das darin enthaltene Zink, so hoffte er, würde vor einer Liebesnach­t seinen Testostero­n-Pegel in die Höhe jagen.

„Studien zeigen, dass wir immer schwerer werden, aber nicht unbedingt mehr essen oder uns weniger bewegen“

Peter Frigo Hormonspez­ialist

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