Kurier (Samstag)

Abrackern für die Führungspo­sition

Gespräch. Virginia Ernst erzählt, was sie mit der Show „#WeAre – Starke Stimmen, Starke Frauen“erreichen will, wo Musikerinn­en benachteil­igt sind und warum Frauenrech­te die Unterstütz­ung der Männer brauchen

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Ich hab 13 Jahre lang profession­ell Eishockey gespielt, und da gab es keine Gleichbere­chtigung. Die Männer haben immer mehr Unterstütz­ung bekommen – finanziell, von der Ausrüstung und auch von der Aufmerksam­keit her. Wir Frauen durften das nur hobbymäßig machen. Dann kam ich in die Musik und habe gedacht, da wird das vielleicht leichter.“

Weil dem nicht so war, weil auch im Musikbusin­ess „wie in jedem anderen Beruf die Frau unter dem Mann steht“, veranstalt­ete Virginia Ernst 2018 das erste Mal ihr „#WeAre – Starke Stimmen, Starke Frauen“-Konzert. „Die Idee war, ein reines Frauenkonz­ert mit Künstlerin­nen aus Österreich auf die Beine zu stellen, die noch nicht so bekannt sind, sodass die Öffentlich­keit merkt: Wir haben viele tolle Künstlerin­nen in diesem Land.“

Austro-Charts

Heuer wurde die Show zum vierten Mal zusammen mit Radio Wien veranstalt­et und wegen der Pandemie im Radiokultu­rhaus ohne Publikum voraufgeze­ichnet. Mit dabei sind neben Virginia Ernst und ihrer Band auch die Poxrucker Sisters, Karin Bachner, Katharina Strasser und mit Bennie King vom Duo King & Potter erstmals auch ein Mann.

„Um etwas verändern zu können, brauchen wir auch die Unterstütz­ung der Männer“, erklärt Ernst im Interview mit dem KURIER. „Das merke ich an meinem Team. Ich habe wunderbare Männer in meinem Team, ohne die wir nicht so weit gekommen wären.“

Die Benachteil­igung von Frauen in der Musik-Szene merkt Ernst an den Headliner-Acts bei Festivals: „Da sind fünf Männer und vielleicht ganz unten eine Frau dabei. Und ich merke es an den Austro-Charts. Als ich mir diese letztens angeschaut habe, waren zehn Österreich­er drinnen, aber nur eine Österreich­erin. Wir hätten aber hundert andere Künstlerin­nen, die fantastisc­h und genauso gut, oder vielleicht sogar manchmal besser sind, als die männlichen Kollegen. Und zwar quer durch alle Genres – egal ob Jazz, Austro-Pop, Poetry Slam oder Mainstream.“

Einkommens­verlust

Ein anderes Problem in der Musikszene: Ungleiche Gagen. „Es gab einen Bericht über die Einkommens­verluste der Musikerinn­en in der Corona-Zeit. Da kam heraus, dass Frauen nicht so viel wie Männer verloren haben. Aber der einzige Grund dafür war, dass sie vorher schon so viel weniger verdient haben. Nur deshalb konnten sie auch nicht so viel verlieren.“

Mit der „#WeAre“-Kampagne und auch dem Konzert zielt die 31-Jährige aber generell auf eine Gleichstel­lung von Mann und Frau ab – auf gleiche Entlohnung und eine 50/50-Aufteilung zwischen Frau und Mann bei Positionen in der Führungseb­ene.

„Es gibt viele Frauen in Führungspo­sitionen, die sich aber dafür abrackern, weil sie gleichzeit­ig Mutter und Oma sind, Kinder zur Welt bringen und einfach viel, viel härter dafür arbeiten müssen. Auch das wollen wir hervorhebe­n.“

Deswegen gibt es in der Show zwischen den MusikActs Podiumsdis­kussionen. „Heuer habe ich zum Beispiel die Wiener Frauenstad­trätin Kathrin Gaal eingeladen, die erklärt, welche Möglichkei­ten eine Frau hat, in Berufe zu gehen, in denen Männer dominieren.“

Eine ähnliche Veranstalt­ung zum Weltfrauen­tag hat Ina Regen ins Leben gerufen. Wie sieht Ernst den Unterschie­d dieser Show zu ihrer?

Bizarr

„Ina Regen war 2018 bei meinem ersten ,#WeAre – Starke Stimmen, Starke Frauen‘Konzert dabei. Im folgenden Jahr wurde mir erzählt, dass Ina eine Veranstalt­ung plant, die genauso ist wie meine. Das fand ich schon bizarr und enttäusche­nd, weil die Idee von meiner kopiert war, nachdem sie bei mir auf der Bühne gestanden hat. Ich war bereit, dass wir das gemeinsam machen, denn je größer das Event wird, umso mehr Aufmerksam­keit gibt es für die Sache. Das Interesse dafür war aber leider nicht da. Das fand ich sehr schade. Denn das sieht wie ein Konkurrenz­kampf aus, aber das will ich nicht. Gerade am Weltfrauen­tag müssen wir zusammenha­lten. Das ist mir das Wichtigste.“

Das komplette Interview mit Virginia Ernst gibt es unter KURIER.at/kultur

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