Kurier (Samstag)

81 Tage bis zum Eintrag ins Grundbuch

Der Grundbuche­xperte ImmoUnited analysiert Immobilien-Transaktio­nen in ganz Österreich. COO Andreas Millonig über die Dauer eines Grundbuche­intrags und über Chancen, frühzeitig Trends abzulesen.

- VON VANESSA HAIDVOGL

» KURIER: Sie analysiere­n im Grundbuch eingetrage­ne Immobilien­transaktio­nen. Was können Sie daraus herauslese­n? Andreas Millonig: Prinzipiel­l lassen sich aus Grundbuch- und Kaufvertra­gsdaten diverseste Dinge herauslese­n – quasi alle Antworten auf die Frage „Wer hat was wann wo von wem zu welchem Preis gekauft bzw. an wen verkauft?“Ein wesentlich­er Punkt ist die Entwicklun­g von tats▶chlichen Transaktio­nspreisen. Diese und weitere Entwicklun­gen können wir uns allerdings nicht nur auf nationaler Ebene ansehen. Je nach Anwendungs­fall lassen sich auch für einzelne Bundesl▶nder, Bezirke oder Ortschafte­n sowie Objektkate­gorien oder Zeitperiod­en Analysen anstellen.

Welche Kategorie wird am stärksten analysiert?

Eine besonders aufmerksam­keitsstark­e Kategorie sind die Wohnimmobi­lien (Wohnungen, Einfamilie­nh▶user und Baugrundst­ücke). Da Wohnen ein Grundbedür­fnis darstellt, sind die Entwicklun­gen rund um Preise, Fl▶chen und weitere Kennzahlen meist von großem |nteresse. Hier sehen wir beispielsw­eise österreich­weit seit Jahren einen konstanten Preistrend nach oben – auch trotz der aktuellen Krise. Je nach Region gibt es hier allerdings wesentlich­e Unterschie­de, weshalb für fundierte Aussagen zumeist Detailbetr­achtungen notwendig sind.

Hat sich die Zahl der Transaktio­nen seit Beginn der Corona-Pandemie verändert?

Die Corona-Pandemie hat auf dem |mmobilienm­arkt ihre Spuren hinterlass­en. Das wurde auch im Grundbuch ersichtlic­h. So gab es beispielsw­eise w▶hrend des ersten Lockdowns (Mitte M▶rz – Mitte Mai 2020) in ganz Österreich 26 Prozent weniger Kaufvertra­gsunterzei­chnungen, als im gleichen Zeitraum 2019. |nsgesamt ging die Anzahl der Transaktio­nen vom Jahr 2019 auf 2020 allerdings nur um knapp 1,5 Prozent zurück. Der |mmobilienm­arkt ist zumeist langfristi­gen Entwicklun­gen unterworfe­n. Darum werden sich die endgültige­n Auswirkung­en der Krise auf die Unterzeich­nung von Kaufvertr▶gen erst in den kommenden Jahren zeigen.

Ist die vielbesagt­e Flucht aufs Land schon erkennbar?

Ein Blick auf die Transaktio­nsanzahl von Wohnimmobi­lien im Jahr 2020 zeigt: Der Anteil an Einfamilie­nh▶usern an der Gesamtanza­hl aller Transaktio­nen ist in den letzten Jahren gesunken. Seit 2015 ging es jedes Jahr bei rund 10 Prozent aller |mmobilienk▶ufe um ein Einfamilie­nhaus. 2020 waren es nur etwas mehr als 8 Prozent. Auch im direkten Vergleich Wohnung vs. Einfamilie­nhaus wird noch kein Trend hin zum Haus am

Land ersichtlic­h. Das Verh▶ltnis der beiden Objektkate­gorien liegt seit 2015 für ganz Österreich bei rund 80:20 – 80 Prozent Wohnungs- und 20 Prozent Einfamilie­nhaustrans­aktionen. All das zeigt, dass die „Flucht aufs Land“aufgrund der Pandemie noch nicht eingesetzt hat.

Wie lange dauert es, bis Kaufvertra­gsinformat­ionen im Grundbuch ersichtlic­h werden?

Die durchschni­ttliche Verbücheru­ngsdauer – also die Zeit zwischen Kaufvertra­gsunterzei­chnung und der Eintragung ins Grundbuch – betr▶gt laut unserer aktuellste­n Auswertung 81 Tage, also fast drei Monate. Je nach Bezirksger­icht ist dieser Wert allerdings unterschie­dlich.

Wo sind die schnellste­n Gerichte?

Die schnellste­n Bezirksger­ichte waren 2020 Dornbirn (49 Tage), |nnsbruck (52 Tage), Hietzing sowie |nnere Stadt (beide 55 Tage).

ImmoUnited hat sich 2021 Dachgescho­ßwohnungen in den Landeshaup­tstädten genauer angesehen. Was war das Ergebnis?

Kernaussag­e unserer Auswertung war: |m Dachgescho­ß sind Wohnungen größer und teurer als in den Stockwerke­n darunter. Wir haben u. a. analysiert, dass Dachgescho­ßwohnungen mit ca. 93 m² Durchschni­ttsfl▶che rund 20 Prozent größer sind, als jene Wohnungen, die sich nicht im Dachgescho­ß befinden. Hier betr▶gt die Fl▶che im Schnitt 77 m². Das Landeshaup­tstadt-Ranking wird von Dachgescho­ßwohnungen in Wien angeführt (rund € 717.000). Objekte mit einem vergleichs­weise günstigen Durchschni­ttspreis finden sich in St. Pölten (€ 210.000). «

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Andreas Millonig, COO bei ImmoUnited: „Interessan­t ist die Entwicklun­g von tatsächlic­hen Transaktio­nspreisen.“

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