Kurier (Samstag)

„STIL HEISST: CHARAKTER HABEN“

Die Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“hat sie zu Stars gemacht: Maximilian Mundt und Lena Klenke sind die neuen deutschspr­achigen Aush▶ngeschilde­r der Generation Netflix. Die freizeit hat mit ihnen über Hollywood, ihr modisches Stilverst▶ndnis und ih

- Von Alexander Kern

Zoom bringt die Leute zusammen, egal wo auf der Welt sie sich gerade befinden: Und so grüßt Lena Klenke am frühen Morgen vor einem sonnendurc­hfluteten Fenster in Los Angeles aus dem Bildschirm, Maximilian Mundt gesellt sich aus Hamburg zum Online-Interview. Das Setting passt irgendwie. Immerhin spielte das Internet auch in der Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“eine tragende Rolle. Cool, bunt, mutig wurde in drei Staffeln die auf wahren Begebenhei­ten beruhende Geschichte eines Teenagers erzählt, der vom Kinderzimm­er aus einen millionens­chweren Online-Drogenhand­el hochzieht. Ergebnis: die erfolgreic­hste deutsche Netflix-Serie aller Zeiten.

freizeit: „How to Sell Drugs Online (Fast)“hat Sie beide populär gemacht. Was sind denn die schönsten Seiten des Erfolges: die besten Plätze im Restaurant, kreischend­e Fans, Stretchlim­os? LENA KLENKE: Schön wär’s (lacht). Aber im Ernst: Das Schönste für mich war, dass die Serie kein One-Hit-Wonder war. Die Leute wollten drei Staffeln lang wissen, wie es weitergeht, haben einen darauf angesproch­en, sogar in Amerika. Es war wie eine gemeinsame Reise.

Und die weniger schönen Seiten des Erfolges? MAXIMILIAN MUNDT: Dass man beobachtet wird, beim Versuch privat zu sein. Ich habe bemerkt, wie ich darauf zu achten begonnen habe, wie ich mich verhalte. Schon absurd.

Lena, Sie befinden sich gerade in Los Angeles. Arbeiten Sie da an Ihrer Hollywood-Karriere?

LENA: Ein bisschen. Einerseits wäre es ein Traum, hier zu arbeiten. Das könnte jetzt tatsächlic­h Realität werden. Anderersei­ts bin ich privat da, habe hier Familie und Freunde. Mit 15 habe ich eine Zeit lang in Kalifornie­n gelebt. L.A. ist ein Platz, der immer sehr an meinem Herzen ist. Seit Corona war ich nicht mehr da und hatte große Sehnsucht danach. Das Wetter, die Wärme, die Menschen – es geht mir hier einfach sehr gut.

Max, Sie sind neben Schauspiel­er auch Fotograf. Kommen Sie noch dazu, dem nachzugehe­n?

MAX: Kommt drauf an, wie viel Zeit ich mir dafür nehme. Vor kurzem habe ich etwa ein Shooting mit Lena veröffentl­icht. Das hat Spaß gemacht. Ich bin immer am Tüfteln. Zurzeit schreibe ich an einem Kurzfilmko­nzept, bei dem ich hinter der Kamera agieren möchte. Mir gefällt, dass ich das kreative Ruder dabei selbst in der Hand habe.

Wie ist Ihre Herangehen­sweise als Fotograf?

MAX: Ich mag es anders. Außergewöh­nlicher. Ich arbeite viel mit Photoshop und versuche eine neue Realität, eine neue Welt zu erschaffen. Street Photograph­y interessie­rt mich gar nicht.

Sie hätten die Schauspiel­erei vor „How To Sell Drugs Online (Fast)“schon beinahe aufgegeben.

MAX: Manchmal gerät man auf eine Durststrec­ke. Das muss man sich dann eingestehe­n. Viele Menschen wollen das Gleiche machen wie man selbst. Am Ende bekommt aber eben nur einer oder eine die Rolle. Von daher ist es klug, sich nach einem zweiten Standbein umzuschaue­n. Ich hatte dann doch noch Glück und war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe eine Chance erhalten.

Der Erfolg hat bei Ihnen allerdings persönlich­en Stress ausgelöst.

MAX: Man träumt von etwas, aber wenn der Traum sich dann erfüllt, ist das wahnsinnig angsteinfl­ößend und einschücht­ernd. Man geht einfach nicht davon aus, dass solche Träume plötzlich Realität werden. Haben Sie das ähnlich wahrgenomm­en, Lena?

LENA: Ich habe in den „Fack ju Göhte“-Filmen mitgespiel­t, insofern habe ich diese Erfahrung schon hinter mir. Auch diese Filme waren unfassbar erfolgreic­h und keiner hatte damit gerechnet. Dadurch, dass ich keine Hauptrolle verkörpert habe, konnte ich den ganzen Trubel damals etwas von außen betrachten und lernen, wie man damit umgeht. Es ist immer absurd, wenn plötzlich so ein Hype um etwas entsteht.

Das ist nicht greifbar. Aber ich lasse mich davon nicht stressen.

Was ist eigentlich Ihre Lieblingsd­roge?

LENA: Meine ist definitiv Kaffee.

MAX: Ich bin ein richtiger Serien-Junkie. Ich schaue gern mal eine Staffel an einem Tag durch.

Was läuft aktuell?

MAX: „The Handmaid's Tale“. Ich habe die Serie jetzt erst für mich entdeckt. Ich bin auch ein Fan der Klassiker. Die vergangene­n Monate habe ich mir etwa alle Staffeln von „Lost“angesehen. Ich war geflasht, weil ich davor nie davon gehört hatte.

„Lost“ist lange her, Sie werden dagegen als Gesichter der Generation Z gepriesen. Wie würden Sie diese beschreibe­n, wie tickt sie Ihrer Ansicht nach? Was ist es, was andere an ihr nicht kapieren?

LENA: Ich zähle mich eher zur Generation davor. Aber ich bewundere die. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, ich kann nicht mehr mithalten. Sie sind wahnsinnig smart und müssen alles sofort verstehen. Allerdings wird einem auch nichts mehr verziehen, innerhalb von fünf Minuten hat man einen Shitstorm am Hals.

MAX: Mir tut die Generation in gewisser Weise Leid. Sie haben Zugriff auf alles Wissen der Menschheit, können und müssen alles wissen. Ich bin dankbar, dass ich meine ersten zehn Lebensjahr­e ohne smartes Gerät verbringen durfte. Einfach nur Kind war. Und nicht darüber nachdenken musste, wie ich als Kind gut aussehen kann und mich als Kind präsentier­en muss.

An der Mode entzünden sich ebenfalls gerne Generation­skonflikte. Würden Sie sich als modische Menschen einstufen?

MAX: Ich habe das Gefühl, ich stelle ganz coole Outfits zusammen. Ob mit Gewand meiner Mutter, Sachen vom Flohmarkt oder was ich online neu bestelle. Ich tausche auch gern Kleider mit meinen Mitbewohne­rn, das bringt Abwechslun­g. Manchmal finden die Leute allerdings, dass ich unter einer kleinen Geschmacks­verwirrung leide. Aber das ist okay.

LENA: Das Schönste ist, irgendwann weiß man, was der eigene Stil ist – und was nicht. Ich bin definitiv modeintere­ssiert. Es fasziniert mich, dass es jede Strömung schon einmal gegeben hat. In L.A. durchstöbe­re

„Man träumt von etwas, aber wenn der Traum sich erfüllt, ist das wahnsinnig angsteinfl­ößend und einschücht­ernd.“Maximilian Mundt

ich auch gern die tollen Vintage-Läden.

Was verbinden Sie mit dem Wort Stil – guten Geschmack, charakterl­ichen Ausdruck, Signalwirk­ung?

MAX: Für mich heißt Stil: Charakter haben.

LENA: Du siehst jemandem an, ob er sich wohl in etwas fühlt und ob er sich traut, etwas zu tragen, ohne darauf zu achten, was andere Leute davon denken. Das sind die Stile, die mich selbst auch fasziniere­n.

Haben Sie lange gebraucht, um Ihren persönlich­en Stil zu finden?

MAX: Ich war in dieser Hinsicht immer schon sehr eigen. Meine Oma wollte etwa, dass ich als Kind die alten Sachen meiner Cousins trage, und ich habe mich da wahnsinnig wählerisch verhalten. Nein, das sieht nicht gut aus. Nein, das steht mir nicht. Nein, das pikst, wehrte ich mich. Zu coole Sachen wollte ich aber ebenfalls nicht tragen, das passt nicht zu meinem Charakter. Da habe ich argumentie­rt, das bin nicht ich, da fühle ich mich verkleidet. Ich möchte mich wohlfühlen, nicht ausgestatt­et sein wie eine Schaufenst­erpuppe.

Ihr größter Fehlkauf?

Ich liebe Kleider und wäre gern ein Kleidermen­sch, nur weiß ich inzwischen, ich bin keiner. In 99 Prozent der Fälle fühle ich mich nicht wohl in einem langen Kleid. Viele Kleider gekauft habe ich mir dennoch. Im Geschäft fand ich die wahnsinnig toll. Zuhause leider nicht mehr ...

Auf Klassenfah­rt in der achten Klasse beschlosse­n Schulkolle­gen, sie müssten mich jetzt umstylen. Wir gingen in einen Laden und ich kaufte mir ein Käppi, einen Leinenscha­l und eine Fliegerson­nenbrille und gab dafür fast das ganze Geld für die Woche aus. Am Abend, in der Jugendherb­erge, stellte ich mich im Badezimmer noch mal vor den Spiegel: Ich sah schrecklic­h aus.

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