Der Krieg ist nun auch in Dnipro angekommen
Lagebericht. Bis zuletzt galt Dnipro als sicherste Großstadt in der Ukraine. Den frühen Freitagmorgen mussten aber auch die Einwohner der knapp eine Million Menschen zählenden Stadt in den Bunkern verbringen. So auch Yura. Der 24-jährige Social-Media-Manager wurde von der Sirene geweckt. „Nach einer Stunde im Bunker atmeten wir langsam auf. Ich ging in meine Wohnung zurück. Beim Kaffeemachen hörte ich dann drei heftige Explosionen und rannte in den Bunker zurück“, erzählt Yura am Telefon. Vor wenigen Tagen ignorierten die meisten Nachbarn die Sirenen. „Doch wenn du so eine Explosion hörst, die Fenster wackeln und der Boden bebt, dann hört der Spaß auf “, sagt Yura.
Später sollte er erfahren, dass bei den ersten drei Luftangriffen auf Dnipro seit dem Kriegsbeginn ein Kindergarten, ein Apartmenthaus, eine Schuhfabrik sowie die UBahn-Station getroffen wurde. Ein Mann kam ums Leben. Auf die Frage, ob er die Stadt verlassen werde, kontert Yura mit einem klaren „Nein!“Er sei ein Patriot und wolle bis zum „bitteren Ende“bleiben.
Das Gespräch beendet er mit einer Entschuldigung. Er müsse zu einer Militäreinheit, wo er als Freiwilliger Hilfe leistet. Ob er selbst bereit wäre, zur Waffe zu greifen? „Ja, klar!“
Mariupol wie Grosny
Während in Dnipro die Grundversorgung immer noch intakt ist, wird die Lage in Mariupol immer bedrohlicher. Es gibt kein Wasser, kein Gas, keinen Strom und fast nichts mehr zu essen in der für den Kreml strategisch wichtigen Stadt am Asowschen Meer. Mariupol sei unter ständigem Beschuss und Bombardement durch die Russen.
„Ich weiß nicht, wie ich die Zerstörungen in unserer Stadt beschreiben soll. Die Stadt existiert eigentlich nicht mehr. Die Bilder von Grosny und von Aleppo – so sieht Mariupol im Augenblick aus“, sagte VizeBürgermeister Serhij Orlow der ARD. Die Stadt sei von allen Richtungen abgeschnitten, mehr als 200.000 Menschen würden auf eine Flucht warten. Die bisherigen Fluchtkorridore scheiterten allesamt.