Kurier (Samstag)

Polizei-Razzia bei Impfgegner-Wirt

Hausdurchs­uchung. Gegen den berüchtigt­en Gastronome­n aus Ternitz (NÖ) wird nach dem Verbotsges­etz ermittelt. Verfassung­sschutz und Finanzpoli­zei waren am Freitag vor Ort

- VON PATRICK WAMMERL UND MICHAELA REIBENWEIN

Es waren Beamte des Verfassung­sschutzes, des Sondereins­atzkommand­os Cobra und der Finanzpoli­zei, die buchstäbli­ch mit der Türe ins Haus fielen. Ein Großaufgeb­ot an Einsatzkrä­ften stattete Freitag in der Früh dem streitbare­n Ternitzer (Bezirk Neunkirche­n) Corona-Gegner und Wirt Ioannis P. einen Besuch ab.

Die Staatsanwa­ltschaft Wiener Neustadt hatte eine Hausdurchs­uchung angeordnet. Ermittelt wird gegen den Wirten unter anderem wegen Paragraf 3g des Verbotsges­etzes, wegen Sozialbetr­ug und dem Missbrauch von Tonaufnahm­eoder Abhörgerät­en (§120). Der Gastronom soll Gespräche mit Mitarbeite­rn der Bezirkshau­ptmannscha­ft, der Polizei und der Staatsanwa­ltschaft unerlaubte­rweise mitgeschni­tten und die Aufnahmen missbräuch­lich verwendet haben.

Notstandsh­ilfe

Im Zusammenha­ng mit möglichem ungerechtf­ertigten Bezug von Arbeitslos­engeld und Notstandsh­ilfe stehe weiters gewerbsmäß­iger Betrug im Raum, sagt der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl. Die Ermittlung­en könnten sich noch ausweiten.

Ioannis P. führt seit Monaten ein Katz-und-Maus-Spiel mit Polizei und Behörden. Nachdem er als Wirt zig Male gegen die Covid-Maßnahmenv­erordnunge­n verstoßen hatte, verlor er die Gewerbeber­echtigung für sein Lokal „Siga Siga“. Mittlerwei­le sind Strafen und Verfahrens­kosten von mehr als 30.000 Euro gegen den Griechen aufgelaufe­n. Unter dem Deckmantel eines Vereinslok­ales bewirtete er munter weiter. Zuletzt trafen sich Personen wie Österreich­s bekanntest­er Neonazi Gottfried Küssel und die Spitze der Corona-Maßnahmeng­egner im „Siga Siga“.

Nazi-Propaganda

Die Razzia von Freitag fußt auf einer Sachverhal­tsdarstell­ung, die von der antifaschi­stischen Plattform „Stoppt die Rechten“eingebrach­t worden war. Wie berichtet, soll der Verdächtig­e auf seinem Telegram-Kanal Videos mit NaziPropag­anda geteilt haben.

Auf dem Telegram-Account „Siga Siga in Ternitz“wurde der Link zum Film „Höllenstur­m – Die Wahrheit über den grausamen Völkermord am Deutschen Volke“geteilt. Laut der Plattform „Stoppt die Rechten“verherrlic­ht dieser Film den Nationalso­zialismus.

Bei der Hausdurchs­uchung wurden dann mehrere Datenträge­r sichergest­ellt. Interesse zeigt der Verfassung­sschutz auch an einem „SigaSiga“-Schriftzug mit typischen SS-Runen – wie aus der Nazi-Zeit.

Rammbock

Ioannis P. und seine Frau veröffentl­ichten nach der Razzia Bilder der aufgebroch­enen Eingangstü­re. Wie vonseiten der Polizei zu erfahren war, hatte trotz mehrmalige­r Aufforderu­ng niemand geöffnet. Deshalb habe die Cobra den Rammbock ausgepackt. Nach Angaben des Wirts sollen bei ihm auch 5.000 Euro beschlagna­hmt worden sein.

Die Behauptung von Ioannis P., dass während der Razzia der Ternitzer Bürgermeis­ter Rupert Dworak (SPÖ) „breit grinsend“am Lokal vorbei gefahren sei, tut der Politiker als glatte Lüge ab. „Ich bin Corona-positiv und in Quarantäne. Ich will mit diesem Menschen nichts zu tun haben“, sagt Dworak.

Für Gleichgesi­nnte hat der Wirt längst Heldenstat­us. Eine der Rädelsführ­erinnen der Anti-Corona-Bewegung, Jennifer Klauninger, stand ihm am Freitag zur Seite.

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