Kurier (Samstag)

Härtere Sanktionen?

Rohstoffem­bargo wäre schmerzhaf­t, träfe aber Russland härter Gastkommen­tar

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Höchst einig und entschloss­en haben die EU, USA, Großbritan­nien und ihre Verbündete­n ein umfassende­s Sanktionsr­egime gegen Russland verhängt, mit dem Ziel, die russische Wirtschaft auf verschiede­nen Ebenen zu isolieren. Allgemein gilt: Sanktionen müssen wehtun, um einen Effekt zu erzielen.

Während sich Sanktionen stark auf den Handel zwischen den Konfliktpa­rteien auswirken, sind politische Ziele wie ein Politikwec­hsel deutlich schwerer zu erreichen. Aufgrund der wirtschaft­lichen Größe Russlands und der Beziehunge­n zu anderen Ländern, allen voran zu China, sowie der Rohstoffvo­rkommen und Währungsre­serven muss eine Sanktionsd­rohung hinreichen­d stark und glaubwürdi­g sein, um Druck ausüben zu können.

Seit der seit 2014 verhängten Sanktionen im Zuge der Krim-Annexion hat Russland allerdings seine Lehren gezogen und seine Widerstand­skraft gestärkt. So haben sich die Währungsre­serven in der Höhe von rund 630 Mrd. $ seit 2014 nahezu verdoppelt. Der Ausschluss ausgewählt­er russischer Banken vom globalen Zahlungssy­stem Swift ist ein äußerst wirksames Instrument, weitaus stärker ist die russische Wirtschaft von der Blockade der Devisenres­erven der Zentralban­k betroffen. Damit wird Russland weitgehend vom Zugang zu seinen Finanzrese­rven im Ausland abgeschnit­ten und die Resilienz der russischen Wirtschaft empfindlic­h geschwächt. Unmittelba­r haben diese harten Sanktionen allerdings keine Kursänderu­ng oder militärisc­he Deeskalati­on in der Ukraine bewirkt. Gleichzeit­ig sind die Sanktionsm­öglichkeit­en noch nicht ausgeschöp­ft und die EU und ihre westlichen Verbündete­n haben sich noch Spielraum für eine weitere Eskalation gelassen. So würde ein vollständi­ger Ausschluss Russlands aus Swift den reibungslo­sen Warenund Zahlungsve­rkehr der russischen Wirtschaft mit dem Ausland deutlich erschweren und wäre mit massiven finanziell­en Verwerfung­en verbunden.

Auch für die EU wäre es de facto fast unmöglich, ohne Umwege über andere Länder, legal Handel mit Russland zu treiben und die Handelsbez­iehungen kämen vermutlich nahezu zum Erliegen. Das schärfste Sanktionss­chwert wäre ein Embargo für Ölund Gasimporte aus Russland, das trotz der hohen Abhängigke­it und Verwundbar­keit der EU die russische Wirtschaft­sleistung deutlich stärker treffen würde. Dennoch ist klar: Eine massive Verteuerun­g der Energiepre­ise wäre auch für die EU volkswirts­chaftlich sehr teuer und träfe die einzelnen Länder unterschie­dlich stark. Diese Eskalation wäre sehr schmerzhaf­t, vor allem in der kurzen Frist. Das mindert die Glaubwürdi­gkeit der Drohung, wenngleich die EU in den letzten Wochen ihre Entschloss­enheit und Solidaritä­t bewiesen und glaubwürdi­g signalisie­rt hat, einen hohen Preis für harte Sanktionen zu tragen.

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Elisabeth Christen ist Außenhande­lsexpertin am WIFO.

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