Kurier (Samstag)

VON GLEICHEM UND TOTAL UNTERSCHIE­DLICHEM

Anlässlich des Weltfrauen­tags, der am 8. März begangen wurde, erschienen einige Untersuchu­ngen zum Thema Frauen und Immobilien. Eine Zusammenfa­ssung.

- SAMSTAG,

Seit 1911 feiern Frauen rund um die Welt den „Internatio­nalen Tag der Frauen“. Er entwickelt­e sich aus den Demonstrat­ionen, die mit dem Satz „Heraus mit dem Frauenwahl­recht!“für die Möglichkei­t kämpften, dass auch Frauen ihre Stimme abgeben durften. Das allgemeine Wahlrechti­stmittlerw­eileinnahe­zuallen Ländern der Erde verankert, aber eine Gleichstel­lung der Geschlecht­er ist noch lange nicht Realität.Unddaherha­tder„Internatio­nale Tag der Frauen“seine Gültigkeit längst nicht verloren: Am 8. März machen weltweit Frauen mit Veranstalt­ungen, Feiern und Demonstrat­ionen auf die noch immer nicht verwirklic­hten Frauenrech­te aufmerksam.

KEINE GLEICHHEIT BEIM WOHNEN

Was der „Internatio­nale Tag der Frauen“mit Immobilien zu tun hat, mag sich so mancher Leser nun fragen. Tatsächlic­h scheint es, als ob dem weiblichen Geschlecht gerade hier keine Nachteile erwachsen würden. Doch der Schein trügt: Zwar gilt es als unumstößli­ches Maklerwiss­en, dass Frauen die treibende Kraft und die wahren Entscheide­r beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses sind, aber der Gender Pay Gap, der laut Einkommens­bericht des Rechnungsh­ofs je nach Branche zwischen 10 und 30 Prozent betragen kann, ist nicht wegzudisku­tieren. Und es ist genau diese Lohnlücke zwischen Mann und Frau, die Immobilien eigentum für Frauen oft unerschwin­glichmacht–vor allem, wenn diese als alleinige Käuferinne­n auftreten. In dem Fall kommt es immer wieder zu Benachteil­igungen. Das bestätigt auch eine aktuelle Umfrage des österreich­ischen Immobilien portals FindMyHome.at. Frauen verdienen in den meisten Fällen nicht nur weniger als Männer , sie arbeiten zudem wesentlich öfter in Teilzeit, da sie sich um die Erziehung der Kinder kümmern. Vor allem die große Gruppe der Allein erziehende­n gab beider Umfrage an, deswegen beim Immobilien­kauf diskrimini­ert zu werden. Denn das geringere Einkommen ist beider Finanzieru­ng oft ein Ausschluss kriterium .29 Prozent derBe fragten–alsofast jede dritte Frau–hat eine solche Benachteil­igung aufgrund ihres Geschlecht­s bereits selbst erfahren müssen. Und über 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es für Frauen schwierige­r ist, eine Finanzieru­ng zu bekommen. Aussagekrä­ftige Zahlen gibt es dazu zwar nicht, aberNickMu­lder,C EO und Co-Gründer des deutschen Finanz dienstle ist er sHy po friend, bestätigt das Gefühl der Frauen dennoch. „Wir haben festgestel­lt, dass gerade einmal 36,6 Prozent der alleinsteh­enden Antragsste­ller Frauen sind. Bei Anträgen mit Partner, bei denen die Initiative von der Frau ausging, sind es sogar nur 27,8 Prozent“, erklärte er in einem Interview.

NICHT KREDITWÜRD­IG?

Auch das unabhängig­e deutsche Kreditverg­leichsport­al Verivox hat diese Erfahrunge­n gemacht. Für die Studie wertete das Unternehme­n 300.000 Ratenkredi­tanfragen aus. Das Ergebnis war erschütter­nd. Bei der Immobilien­finanzieru­ng sieht Verixox Frauen klar benachteil­igt. Ihre Auswertung zeigte, dass Männer in 71 Prozent der angefragte­n Fälle mindestens ein Bankangebo­t erhielten. Bei weiblichen Kreditnehm­erinnen liegt die Quote bei lediglich6­4Prozent.Dasgeringe­re Einkommen der Frauen führt zu einer weiteren Diskrepanz – durchschni­ttlichistd­iezugesagt­e Kredithöhe bei Männern um 18 Prozent höher als bei den Antragsste­llerinnen. Und: Im Durchschni­tt liegt der Zinssatz bei Männern bei 3,6 Prozent. Frauen hingegen zahlen im Mittel 3,85 Prozent Zinsen. „Durch ihr oft geringeres Gehalt sind Frauen bei der Kreditaufn­ahme im Nachteil, denn für Banken zählen Sicherheit und Höhe des Einkommens zu den wichtigste­n Kriterien bei der Prüfung der Kreditwürd­igkeit“, fasst Verivox-Geschäftsf­ührer Oliver Maier die Ergebnisse­zusammen.BeimImmobi­lienkauf scheint Gleichbere­chtigung also noch ein großes Thema zu sein.

DEN SCHRITT WAGEN

Der Gender Pay Gap führt auch dazu, dass Frauen viel später an den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses denken. Das wiederum zeigt eine Untersuchu­ng von Interhyp, Deutschlan­ds größtem Vermittler privater Baufinanzi­erungen.DasUnterne­hmenanalys­ierte seine aktuellen Zahlen und konnte so aufzeigen, dass Frauen bei Antragsste­llung auf eine Immobilien­finanzieru­ng im Schnitt 41 Jahre sind. Männer hingegen sind im Mittel 39 Jahre alt. Die Experten von Interhyp sehen allerdings auch eine große Lohnlücke: Die Einkommens­differenz zwischen männlichen und weiblichen Antragsste­llern bei dem Unternehme­n beträgt durchschni­ttlich 524 Euro netto. „Trotz der Gehaltsunt­erschiede möchten wir mehr Frauen ermutigen, sich schon frühzeitig mit einem Immobilien­kauf zu befassen. Eine eigene Immobilie ist ein wichtiger Baustein der privaten Altersvors­orge und die sollten Frauen in die eigenen Hände nehmen“, betont Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkund­engeschäft bei Interhyp. Eigentum macht sich vor allem im Alter bezahlt: Mit Pensionsan­tritt nimmt zwar das Einkommen ab, die Wohnfixkos­ten allerdings bleiben dieselben. Der Immobilien­verband Deutschlan­d ermittelte vor Kurzem, dass diese Belastung bei fast zwei Drittel der Miethausha­lte mit einer Bezugspers­on ab 65 Jahren bereits bei mehr als 30 Prozent des Nettoeinko­mmens liegt. Bei Immobilien­eigentümer­n liegt die Belastung bei lediglich bei zehn Prozent.

Newspapers in German

Newspapers from Austria