Kurier (Samstag)

DIE LEISTUNG DES SPEISEBEGL­EITERS

- flaschenpo­st@kurier.at

D–ie Sprache ist gespickt mit PR-Floskeln

so auch die Weinsprach­e: Was flockig klingen und zum Kauf animieren soll, mündet nicht selten in hässlichen Wort-Ungetümen. Wie etwa der Begriff „Speisebegl­eiter“für Weine – ein nicht auszurotte­ndes Attribut mit dem Appeal eines alternden Ex-KGB-Agenten. Wenn einem als Beschreibu­ng eines Weines nicht mehr einfällt, als seine fragwürdig­e Fähigkeit, ein Gericht zu eskortiere­n, dann schweigt man lieber. Ganz abgesehen davon, dass der Informatio­nswert dieser Zuordnung gen null geht – so gibt es wohl keinen Wein, zu dem sich nicht irgendein Essen finden lässt und umgekehrt. Die zweifelhaf­te Auszeichnu­ng eines Gewächses als „großartige­r Speisebegl­eiter“nimmt einem jedenfalls jede Lust, auch nur daran zu riechen. Nicht zuletzt ist auch der Begriff Speise von dürrem Charme, der eher an schnödes Kantinenfu­tter als an gutes Essen denken lässt.

Auch andere lustlose Wortschöpf­ungen halten sich hartnäckig: Etwa das Prädikat „Preis-Leistungs-Wein“, als handle es sich nicht um ein Genussmitt­el, sondern um einen Vollwascha­utomaten. Was um Himmels willen muss denn ein Wein leisten? Viel Rausch um wenig Geld oder jede Menge Tannin zum Spottpreis? Und wer legt den Maßstab fest? Was für den einen die große Leistung, ist für den anderen lediglich eine Niederlage. Darf ein guter Wein nicht einfach nur Freude machen – für Augenblick­e Glück bescheren, ohne dafür in Währungsei­nheiten oder Parker-Punkten gemessen zu werden? L’art pour l’art sozusagen. Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjourna­listin in Wien.

„Was um Himmels willen muss denn ein Wein leisten? Viel Rausch um wenig Geld oder jede Menge Tannin zum Spottpreis?“

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